Der heutige Auftritt von Donald Trump war ein neuer und zugleich absurder Tiefpunkt. In der vergangenen Nacht kürt er sich selbst zum Sieger der Präsidentschaftwahl 2020. Gleichzeitig zweifelt er das Wahlpozedere an und wirft einigen Staaten sogar Wahlbetrug vor. Dies zeigt deutlich, dass dieser Mann nicht nur unfähig für das Präsidentenamt ist, sondern auch eine Gefahr für die Menschen und die Demokratie darstellt. Kaum zu glauben ist es deshalb, dass er dennoch so viele Stimmen erhalten hat.
Es ist ziemlich absurd. Donald Trump, der 45. Präsident der Vereinigten Staaten, erklärt seit vier Jahren, die Medien sowie seine Gegner würden stets nur Fake News verbreiten über ihn. Der Begriff «Fake News» wurde vor vier Jahren durch Trump überhaupt erstmals bekannt. Trump hat in den vergangenen Jahren als Präsident mehrere tausend mal den Begriff «Fake News» getwittert. Hier kann man sich durch die gesamte Liste lesen.
Und dann das: Trump steht gestern Nacht vor seinen Fans – die meisten ohne Masken – und erklärt ihnen, er habe die Wahl gewonnen. Dies, weil er in einigen Bundesstaaten zeitweise vor Joe Biden geführt hatte. Es müsse sofort mit Zählen aufgehört werden, so Trump. Damit will er offensichtlich verhindern, dass noch mehr Stimmen zugunsten von Biden gezählt werden und ihn ins Hintertreffen bringen könnten. Trump als Loser? No way!
Trump ist ein König, der sich offensichtlich alles erlauben kann. «I am King!» Das meint er zumindest. Normalerweise erklären sich nur Diktatoren und andere unrechtmässige Machthaber selber zu Siegern einer Wahl. Am liebsten sähe es Trump wohl, dass auch er wie beispielsweise der turkmenische Präsident mit einem Ergebnis von 98 Prozent der Stimmen gewählt würde.
Die USA sind aber eine Demokratie und keine Diktatur. Das Verhalten von Trump zeigt, dass ihm demokratische Institutionen und Prozesse ziemlich egal sind. Aus seiner Sicht wurden die Wahlen sogar manipuliert.
Diese Denkweise passt auch zur offensichtlich gestörten Persönlichkeit Trumps. Donald Trump ist offensichtlich nicht in der Lage zu verstehen, wie er sich mit seinem Verhalten vor der Weltöffentlichkeit zum Clown macht und wie respektlos er sich gegenüber demokratischen Institutionen verhält. Es ist kein Zufall, sind es doch oft selbsternannte «Patrioten», die einer Demokratie und den Institutionen am meisten Schaden zufügen.
Vielleicht ist es eine grosse Ironie: Trump führt seit Jahren alle an der Nase herum und benimmt sich so, wie es ihm gefällt. Gleichzeitig haben sich nur wenige getraut, ihn für womöglich geisteskrank zu erklären.
Selbst Trump-Bewunderer Roger Köppel hat auf Twitter heute morgen unverständlich auf Trumps Siegeserklärung reagiert. Das sei ein «No Go». Ich weiss nicht, ob ich lachen oder weinen soll, wenn selbst Köppel einsieht, dass Trump offenbar nicht bei Sinnen ist.
Umso verwunderlicher ist es hingegen, dass Trump so viele Menschen hat mobilisieren können, die für ihn gestimmt haben. Ein Idealbeispiel für dieses Unverständnis ist Florida. In diesem Bundesstaat leben viele Latinos, viele von ihnen leben in armen Verhältnissen. Weshalb geben Menschen die in Armut leben einem rassistischen, reichen, korrupten und egoistischen Mann ihre Stimme? Einem Mann, der nicht im geringsten etwas mit ihrem eigenen Leben zu tun hat, sondern im Gegenteil, sie über Twitter und Medien täglich anlügt.
Warum geben ihm überhaupt so viele Menschen ihre Stimme? Weshalb merken offenbar viele Menschen nicht, dass Trump in Wahrheit nicht ihr Freund ist, sondern ein falscher Freund? Weshalb durchschauen viele Menschen nicht seine Absichten, seine schlechten Werte sowie sein unmenschliches und vulgäres Verhalten? Warum verfallen Menschen einem solchen Mann?
Was für einigermassen aufgeklärte Menschen ein offensichtliches Fehlverhalten und Unmenschlichkeit bedeutet, scheint für andere Menschen die Idealvorstellung von Führung und Stärke zu sein. Dennoch: Warum gehen Menschen eine solche toxische Beziehung ein?
Trump, der bereits als Jugendlicher von seinen Eltern jährlich mit 200’000 Dollar Sackgeld verwöhnt wurde, sagte einmal in einem Interview, er habe im Leben nie gelernt zu verlieren. «I have never learned to lose.» Vielleicht wird es jetzt – 2020 – endlich Zeit, diese Lektion zu lernen. Auch für König Trump. Man würde ihm diese Erfahrung von Herzen gönnen.