Der Corona-Lockdown hat wohl nur einen geringen positiven Einfluss auf das Klima. Laut britischen Wissenschaftlern sind die kommenden Monate aber entscheidend, ob wir das Pariser-Abkommen mit einer maximalen Erwärmung von 1.5-Grad erreichen oder nicht. Jetzt kommt es auf jeden einzelnen von uns an. Ausserdem sind strukturelle Verändrungen und ein breites Umdenken zwingend erforderlich. Wirtschaftlich wie sozial.
Obwohl während des Corona-Lockdowns auf der ganzen Welt Volkswirtschaften heruntergefahren wurden, dürfte der Rückgang an Treibhausgasen nur einen «vernachlässigbaren» Effekt auf das Klima haben. Das haben Wissenschaftler:innen der Universität in Leeds in einer in dieser Woche veröffentlichten Studie festgestellt.
Bis 2030 dürfte aufgrund des Lockdowns die globale Erwärmung um lediglich 0,01°C zurückgehen. Dennoch geben die Autoren auch Grund zur Hoffnung. Sollten alle Konjunkturpakete, die in Folge der Pandemie von Regierungen beschlossen wurden, tatsächlich zu einer «grüneren» Wirtschaft führen, könnte bis 2030 das 1.5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens noch erreicht werden.
Für die Studie haben die Wissenschaftler:innen mobile Daten von Google und Apple ausgewertet. Die Daten geben Auskunft, wie sich Menschen in den 123 untersuchten Ländern in den vergangenen Monaten seit Ausbruch der Pandemie bewegt haben.
Mit den Daten konnte nachvollzogen werden, wie Menschen seit Corona reisen oder zur Arbeit gehen, beziehungsweise von zuhause aus arbeiten. Alleine im April sind demnach die CO2-Emissionen weltweit um 25 Prozent zurückgegangen.
Auf die kommenden Jahre ist der Einbruch aber «vernachlässigbar», heisst es in der Studie, die in der Fachzeitschrift Nature Climate Change publiziert wurde. Um das 1.5-Grad-Ziel zu erreichen, müsste der Lockdown über eine noch längere Zeit bestehen bleiben. Dies sei jedoch unrealistisch, heisst es im Bericht.
Umso wichtiger seien deshalb wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen. Das Ziel müsse immer noch eine Null-Emissions-Wirtschaft sein, so die Autoren. Das heisst, möglichst «grüne» Technologien, Wasserstoff, sowie erneuerbare Energien bei künftigen Bau-Projekten einsetzen. Weiter ist ein sofortiger Stopp von Subventionen für fossile Brennstoffe wie Öl und Benzin erforderlich.
Ein Subventions-Stopp wurde nach der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 leider versäumt. Nach wie vor fliessen weltweit jährlich rund 500 Milliarden Dollar in die Subventionierung fossiler Brennstoffe. Der CO2-Ausstoss wird mit Unsummen gefördert, weil der Wille für umweltverträglichere Energien sowie einer sozialeren Ökonomie fehlt. Das muss sich nun endlich ändern, sonst ist es zu spät.
2019 lag die globale Durchschnittstemperatur um 1.1°C über dem langfristigen Durchschnitt. Es war das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1850. Selbst bei den derzeitigen Versprechen zur Emissionsreduzierung wird bis 2050 ein weiterer Anstieg um 0,6°C erwartet. Das Ziel müssten deshalb weiterhin die 1.5 Grad sein, sagte Professor Piers Forster von der University of Leeds, einer der Forscher, gegenüber dem Guardian.
«Dies ist eine einmalige Gelegenheit in einer Generation, die Richtung der Gesellschaft wirklich zu ändern. Wir müssen nicht dorthin zurückkehren, wo wir waren, denn Krisenzeiten sind auch die Zeit für Veränderungen», so Forster.
Forster sagt mit anderen Worten: Unsere Generation hat jetzt die Möglichkeit, die Welt zu verändern. Um den Temperaturanstieg zu begrenzen, braucht es jetzt wirtschaftliche und soziale Veränderungen. Auch wenn der Corona-Lockdown nicht das Klimaproblen löst, so können wir – wir als Weltgemeinschaft verstanden – mit Massnahmen und Verhaltens- sowie Denkveränderungen, noch immer den ökologischen Schaden dahingehend begrenzen, dass der Planet nicht unbewohnbar wird.
Dieses kurze Zeitfenster – wir nennen es auch die 2020er-Jahre – sollten «wir» nutzen. Jeder einzelne von uns, jede Politikerin und jeder Wirtschaftsführer. Jetzt heisst es, Verantwortung übernehmen.
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