Die Ozeane sind die Müllkippen unserer Zivilisation: Ein neuer wissenschaftlicher Ansatz könnte die Weltmeere vom Plastikteppich befreien. Eine Forscherin und ihr Team aus dem britischen Plymouth wollen mit Satelliten Kunststoffe an der Wasseroberfläche ausfindig machen und anschliessend entfernen. – Philipp Bürkler
Jede unanchtsam weggeworfene Plastikflasche landet irgendwann im Meer. Vor allem dann, wenn sie in der Nähe eines Sees oder Flusses weggeworfen wird. Die Weltmeere sind mittlwerweile voll mit Kunststoffen aller Art. Zwischen fünf und 13 Millionen Tonnen Kunststoff gelangen je nach Schätzung in die Meere. Jedes Jahrt. Mittlerweile sollen 15 bis sogar 51 Billionen Plastikstücke in den Weltmeeren herumschwimmen. Das Tragische: Nicht selten werden vor allem kleine Plastikstücke – sogenannter Mikroplastik – von Walen, Möwen oder Meeresschildkröten gefressen. Der Plastik in den Tieren wiederum gelangt über den Nahrungskreislauf auch in den Körper der Menschen. Tiere fressen aber auch grössere Plastikteile die sie für Nahrung halten. Meistens endet dies für die Tiere tödlich. Jeder hat wohl schon Bilder gesehen, auf denen Tiere zu sehen sind, deren Mägen voll gepumpt sind mit Kunststoffteilen. Ein schmerzender Anblick.
Die britische Forscherin Lauren Biermann und ihr Team haben nun einen neuen Ansatz gefunden, wie Plastik aus den Meeren entfernt werden könnte. Mit Satelliten.
Lauren Biermann des Plymouth Marine Laboratory und ihr Team haben ihre Studie kürzlich in der Zeitschrift Scientific Reports beschrieben. Demnach verwendeten sie Sentinel-2-Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Die Satelliten sollen an der Wasseroberfläche schwimmende Kunststoffe wie Flaschen oder Plastiktüten aus dem Weltraum erkennen und identifizieren können.
Studienleiterin Biermann ist es offenbar in vier Versuchen gelungen, mit den hochauflösenden Kameras der Satlliten, auch Aggregate von Kunststoffpartikeln mit einer Grösse von mehr als 5 Milimeter (Makrokunststoffe) von natürlich herumschwimmenden Materialien wie Algen, Treibholz und Schaumstoff mit einer durchschnittlichen Genauigkeit von 86% zu unterscheiden.
Die Satellitenbilder wurden anschliessend durch einen Algorithmus geschickt, der zuvor darauf trainiert wurde, künstliche Objekte von natürlichen zu unterscheiden. Dafür werwendete Biermann auch Daten von Plastikabfällen die nach schweren Überschwemmungen im südafrikanischen Durban entdeckt wurden. Anschliessend wurde der gleiche Trainingsvorgang mit natürlichen Treibhölzern und Algen durchgeführt.
Plastikverschmutzung sei ein globales Problem, sagt Erdbeobachtungswissenschaftlerin Biermann. «Diese Methode wird hoffentlich ein Sprungbrett für Satelliten und Drohnen sein, um das Problem der Kunststoffverschmutzung im Meer am Ende des Produktlebenszyklus anzugehen. Wir werden jedoch immer nur dann sinnvolle Fortschritte erzielen, wenn wir auch die Quelle bekämpfen und die Menge der produzierten Kunststoffe reduzieren.»
Mit anderen Worten, ihre Forschung ist wichtig, besser wäre es jedoch, wenn Plastikabfälle gar nicht erst entstehen könnten und folglich nicht in die Umwelt gelangten. Nachhaltigkeit bedeutet, in Zukunft nicht nur beim Kauf im Supermarkt Güter aus Kunststoff vermeiden, sondern die Produktion von Kunststoffgegenständen von Beginn an verhindern oder zumindest auf ein Minimum zu beschränken. Wenn keine Kunststoffverpackungen mehr hergestellt werden, gelangen sie auch nicht in den Verkauf und folglich nicht mehr in die Umwelt.