Die Kreislaufwirtschaft steckt in Europa noch in den Kinderschuhen. Noch immer dominiert die Einweg-Wirtschaft. Der neueste Report von Circle Economy zeigt, dass weltweit durch eine Kreislaufwirtschaft 22.8 Milliarden Tonnen CO2 eingespart werden könnten. Eine solche Reduktion erfordert ein drastisches Umdenken bei der Güterproduktion und des Konsums.
Im konventionellen Wirtschaftssystem werden Güter hergestellt, verkauft und nach einiger Zeit von den Konsument:innen im Abfall entsorgt. Die Rohstoffe gehen meisten zu 100 Prozent verloren. Ganz anders funktioniert die Kreislaufwirtschaft, auch Circle Economy genannt. Hier werden Produkte wieder in ihre einzelnen Rohstoffe zerlegt und daraus neue hergestellt. Abfälle und Überschüsse werden möglichst vermieden.
Circle Economy verlangt ein völliges Umdenken bezüglich Materialien, Herstellung, Design und Geschäftsmodellen von Unternehmen. In der Schweiz steckt diese Art des Wirtschaftens buchstäblich noch in den Kinderschuhen. Eine kürzlich vorgestellten Studie des WWF in Zusammenarbeit mit PricewaterhouseCoopers (PwC) Schweiz kam zum Schluss, dass erst etwa 8.6 Prozent der Rohstoffe von Gütern wieder verwendet werden. Damit liegt die Schweiz im weltweiten Durchschnitt.
Zwar sammeln die Menschen vorbildhaft PET-Flaschen oder Aludosen, doch Recycling alleine ist noch keine Kreislaufwirtschaft. Ausser Ressourcen wieder dem Kreislauf zuzuführen, geht es auch darum, grundsätzlich weniger Ressourcen zu verbrauchen.
Kreislaufwirtschaft schont nicht nur Ressourcen, sondern auch das Klima. Wollen wir die Erderhitzung auf maximal 1.5 Grad halten, sind Anstrengungen und Massnahmen hin zu einer Kreislaufwirtschaft unumgänglich. Gemäss dem neusten Circularity Gap Report 2021, der gestern vorgestellt wurde, ist aber kaum ein Land auf der Welt wirklich auf diesen «Shift» vorbereitet. Auch in den Medien dominieren immer noch Börsenkurse, Wachstum und Bruttoinlandprodukt, anstatt Berichte über nachhaltige und zirkuläre Wirtschaftsformen.
Gemäss dem Circularity Gap Report 2021 könnten jährlich 22.8 Milliarden Tonnen CO2 eingespart werden, wenn Staaten und ihre Bewohner:innen das Konsumverhalten ändern würden. 70 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen (2019 59,1 Gigatonnen) entstehen demnach durch die Verarbeitung und Herstellung von Gütern wie Kleidung, Auto, Smartphones. Aber auch die Art und Weise wie wir uns ernähren und wohnen hat grossen Einfluss auf die CO2-Emissionen. Die Welt verbraucht mehr als 100 Gigatonnen an Materialien pro Jahr und nur 8,6 Prozent werden wiederverwendet.
Alleine der Bau von Häusern und Fabriken verursacht jährliche Emissionen von 13.5 Gigatonnen CO2. Bauen kostet enorm viel Energie und benötigt kohlenstoffintensive Materialien wie Zement und Stahl. Gleichzeitig verursachen Gebäude massive Emissionen durch Heizung und Kühlung. Es wird sich in Zukunft also auch die Frage stellen, bauen wir noch zeitgemäss?
Weitere CO2-Einsparungen könnten durch Veränderungen im Transportwesen und in der Ernährung erzielt werden. Mobilität verursacht jährlich 17.1 Gigatonnen Emissionen, hauptsächlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe für den Personen- und Güterverkehr. Neue Designansätze, um Fahrzeuge leichter zu machen, würden den Verbrauch reduzieren, und Strategien wie Carsharing können ihre Nutzung effizienter machen. Zirkuläre Strategien könnten die Emissionen um 5.6 Gigatonnen und den Materialverbrauch um 5,3 Gigatonnen senken.
Würde in den Bereichen Wohnen, Bauen, Ernährung und Mobilität konsequent auf Circle Economy gesetzt und die Menge von Materialien zur Herstellung von Produkten und Dienstleistungen reduziert sowie Ressourcen wiederverwendet und fossile Brennstoffe durch erneuerbare Energien und Rohstoffe ersetzt, könnte der jährliche globale Materialverbrauch von 100 Gigatonnen auf 79 Gigatonnen reduziert werden.
Die Uno hat gestern eine Umfrage unter 1.2 Millionen Menschen in 50 Ländern veröffentlicht. Gemäss dieser Umfrage sind 69 Prozent der 14- bis 18-Jährigen über den Zustand der Erde besorgt und sehen einen Klimanotstabd. Bei den über 60-jährigen sind es immerhin noch 58 Prozent der Befragten, die besorgt sind über den Zustand der Ökosysteme.
Die Politik sollte endlich begreifen, dass die Mehrheit der Menschen den aktuellen Zustand des Planeten als Bedrohung wahrnehmen und Massnahmen von der Politik und Regierungen erwarten. Dazu gehört auch ein Wandel des aktuellen auf Gewinn und Ressourcenverbrauch ausgerichteten Wirtschaftssystems, hin zu einem nachhaltig ausgerichteten und ressourcenschonenden Systems. Wier lange wird noch gewartet?