Corona: Bitte, bitte, gebt uns die dreckige Luft zurück

Wüssten die Vögel über die von Menschen verursachten Umweltprobleme Bescheid, sie würden sagen: «Die Menschen haben einen Vogel.» Bild: phb
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Der durch den Shutdown ausgelöste Rückgang von CO2-Emissionen in den vergangenen Wochen hat die Luftqualität merklich verbessert. Laut einer Studie wurden wegen geringerer Umweltbelastung in Europa zudem 11’000 Menschenleben gerettet. Das alleine müsste ein Grund sein, jetzt eine umweltpolitische Wende herbeizuführen. – Philipp Bürkler

In den vergangenen Wochen waren die Strassen meist leer und die Innenstädte verwaist. Fabriken wurden geschlossen und die Produktion vorübergehend heruntergefahren. Nach Angaben des Centre for Research on Energy and Clean Air haben die Massnahmen im Zuge des Coronavirus Menschenleben gerettet und weniger Krankheiten zur Folge. Laut der Studie wurden wegen der besseren Luftqualität alleine in Europa etwa 11’000 Menschenleben gerettet. Dazu sollen in dieser Zeit zu rund 6’000 Kinder weniger an Asthma erkrankt sein. Auch die Frühgeburten sind laut dieser Studie um 600 zurückgegangen.

Die 11’000 vermiedenen Todesfälle wurden anhand von Schätzungen berechnet und stellen einen Mittelwert dar. Im «schlechtesten» Fall wurden imerhin 7’000 Meschen durch bessere Luft gerettet, im besten Fall sogar bis zu 20’000. Immerhin lagen die Stickstoffdioxidwerte im Vergleich zum März/April 2019 in diesem Jahr um 40 Prozent tiefer.

Global dürfte die Anzahl Menschen, die durch bessere Luft nicht gestorben sind, noch weit höher liegen. Die Studienautoren haben sich jedoch nur auf Europa konzentriert und die Zahlen belegen auch nur einen Ausschnitt von wenigen Wochen.

Andere Studien gehen davon aus, dass weltweit bisher mindestens 780’000 vorzeitige Todesfälle unter Erwachsenen und 1.6 Millionen Asthmafälle bei Kindern vermieden werden konnten.

Wissenschaftler gehen in früherern Untrersuchungen davon aus, dass schlechte Luftqualität sich ausserdem zusätzlich negativ auswirkt auf den Kankheitsverlauf bei Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind.

Der aktuelle Lockdown/Shutdown zeigt, saubere Luft ist für die Menschen tatsächlich besser. «Wir haben eine Menge globaler Krisen zu bewältigen. Ich hoffe, dass dies die Menschen zum Nachdenken anregen wird», sagt Lauri Myllyvirta, Studienautor beim Centre for Research on Energy and Clean Air.

Es ist eigentlich völlig absurd. Viele Menschen wollen sehnsüchtigst wieder in diesen verschmutzten und krankmachenden Zustand zurück. Überspitzt ausgedrückt, flehen viele Menschen ihre Regierungen und Politiker förmlich an: «Bitte, bitte, gebt uns die dreckige Luft zurück, wir wollen doch, dass alles wieder so wird wie bisher.»

Natürlich tun die Menschen das nicht, weil sie tatsächlich die dreckige Luft wieder wollen, sondern weil sie das aktuelle Wirtschaftssystem – genannt Kapitalismus – zwingt, Geld zu verdienen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Anders ausgedrückt: Der Kapitalismus schaffte die Bedingungen die Umweltverschmutzung zur Folge hatten. Gleichzeitig führte der Kapitalismus die Menschen in finanzielle Abhängigkeiten, die wiederum Umweltzerstörung zur Folge haben. Ähnlich dem Hamsterrad, dem «Gefängnis» des Kapitalismus, sorgt das Rad der Abhängigkeit für die zunehmende Umweltzerstörung. Ein Ausbrechen des Einzelnen aus dem System ist schwierig, weil er/sie von allen anderen abhängig ist.

Das Irrsinnige an einem Beispiel: Angenommen, die Luft wäre bisher immer sauber gewesen und wir hätten keine Umweltprobleme. Würde dann einer kommen und vorschlagen, die Luft jetzt doch endlich zu verschmutzen, eine solche Forderung würde zur recht als völlig verrückt und gestört bezeichnet.

Das Traurige: In der heutigen realen Welt mit Luftverschmutzung, wird jemand für «verrückt» oder «wirtschafstfeindlich» erklärt, wenn er/sie die Luft sauberer haben möchte und fordert, die Wirtschaft doch bitte der Umwelt, dem Klima und den Menschen zuliebe, nicht mehr ganz dorthin hochzufahren, wo sie vor der Coronakrise war.

Diese Zahlen solcher Studien, aber auch die subjektive Feststellung der saubereren Luft der vergangenen Wochen, müssten Grund genug sein, jetzt endlich eine verkehrspolitische Wende einzuleiten.

Eine Wende, hin zu einem Verkehrssystem, das mehr auf Velo und Fussgänger fokussiert und den Verkehr mit Verbrennungsmotoren möglichst aus den Innenstädten verbannt und mittelfristig ganz stillegt. Und vor allem muss den Unternehmern und Politiker_innen, denen es letzlich nur um die Wirtschaft und den Profit geht, endlich klar werden, dass eine saubere Luft nicht nur «heisse Luft» von «realitätsfernen» Umweltschützern ist, sondern letzendlich tatsächlich positive Auswirkungen auf die Wirtschaft hat.

Sobald nämlich das Wirtschaftssystem vom Verbrauch fossiler Energieträger und natürliche Ressourcen wegkommt, ist auch organisches Wachstum wieder in Reichweite. Wachstum allerdings, das nicht mehr den Planeten und die Menschen schädigt.

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