Studie: Ökosysteme könnten schon in diesem Jahrzehnt kollabieren

Die Möven am Strand von Coney Island in New York City könnten schon bald die letzten Bewohner am Rande eines riesigen toten Gewässers sein. Bild: phb
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Eine neue Studie zeigt erstmals die dramatischen Auswirkungen der ungebremsten CO2-Emission auf die globalen Ökosysteme. Bereits in den kommenden Jahren könnten diese parallel kollabieren. Bis zu 73 Prozent aller lebenden Tiere sind in den kommenden Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Zuerst sterben die Meere, dann die Tiere an Land. – Von Philipp Bürkler

Die Erde steuert auf das sechste Massenaussterben zu. Wenn nicht sofort die Emissionen von CO2 gebremst werden, könnte für viele Tierarten das soeben angelaufene Jahrzehnt das letzte sein. In einer kürzlich im Magazin Nature publizierten Studie haben Wissenschaftler des University College London herausgefunden, dass es schon in den nächsten Jahren höchstwahrscheinlich zu einer Reihe paralleler Zusammenbrüche von Ökosystemen kommen wird. Die Studie kommt zum Schluss, dass das Artensterben schneller voranschreitet als bisher angenommen. Weil an manchen Orten auf der Erde schon in den kommenden Jahren Temperaturschwellenwerte überschritten werden, komme es zu einem plötzlichen Zusammenbruch schreibt das Forscherteam.

Die Ozeane sind bereits seit Jahren durch Überfischung, Plastik und jetzt auch noch durch herumschwimmende Covid-19-Masken bedroht. Den Wissenschaftlern zufolge sind die Meere denn auch die ersten Ökosysteme die von einem Kollaps betroffen sein werden, weil sich das Wasser in den vergangenen Jahren bereits massiv aufgeheizt hat. Dadurch entsteht ein Mangel an Sauerstoff und ein Überfluss an Säuren, wie ein Bericht der Weltnaturschutzunion (IUCN) bei der Weltklimakonferenz Ende 2019 eindrücklich zeigt.

Bereits heute sind die Meere um 26 Prozent säurehaltiger als noch zu Beginn den 18. Jahrhunderts. Für die in den Meeren lebenden Tiere und Pflanzen ist dieser Zustand nicht mehr lange verkraftbar. Schildkröten die seit Jahrmillionen in den Meeren unterwegs sind, könnten noch vor den jetzt auf der Erde lebenden Menschen aussterben.

Nach den Meeren das Land

Etwa in 20 Jahren dürfte ein ähnlicher Zusammenbruch die an Land lebenden Tiere treffen. Alleine die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien hat seit Ausbruch der Coronakrise massiv zugenommen. Bedroht sind aber auch Indien, die Sahara und weitere Regionen der Erde. Die Forscher gehen davon aus, dass der Zusammenbruch an Land nicht über einen jahrelangen Zeitraum, sondern plötzlich in Gang kommt und in einem noch nie dagewesenen Tempo abläuft. Es sind Kipppunkte mit dramatischen Folgen.

Während frühere Studien vor allem einzelne Jahre in der Zukunft im Blick hatten, ist der neue Bericht umfassender und blickt zurück bis ins Jahr 1850 und anhand Daten voraus bis ins Jahr 2100. Dafür haben die Forscher den Globus in 100 km2 grosse Felder eingeteilt in denen rund 30 000 Vogel-, Rebtilien-, Amphibien-, Fisch- oder Säugetierarten leben. Mit Klimadaten aus der Vergangenheit und dem erwarteten Temperaturanstieg bei ungebremsten CO2-Ausstoss konnten sie die wahrscheinlichen Temperaturen für die in den einzelnen Feldern lebenden Tiere berechnen.

Zwei mögliche Szenarien bis ins Jahr 2100

Bereits heute sterben jährlich rund 60 000 Tierarten aus. Die Forscher kommen zu einem noch dramatischeren Bild: Bis 2100 könnten 73% aller noch lebenden Tierarten von der Erdfläche für immer verschwinden, wenn die durchschnittliche Temperatur den vorindustriellen Zustand um 4 Grad übersteigt.

In einem zweiten Szenario steigt die Temperatur bis 2100 lediglich um 2 Grad über den Wert vor der insustriellen Revolution. Hier würden nur 2 Prozent der Ökosysteme kollabieren und auch weitmehr Tierarten verschont bleiben.

Wenn es die Menschheit schafft, die Coronakurve abzuflachen, dann sollte es auch möglich sein, die Kurve des Kollaps und Artensterbens abzuflachen in dem der Ausstoss von CO2 sofort massiv gebremst wird. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um einen Kurswechsel in Richtung Nachhaltigkeit vorzunehmen.

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