Shopping: Corona und die exzessive Konsumkultur

Weniger ist mehr. Ein nachhaltiger Konsum und das vermehrte Verwenden von Gütern, wie hier auf einem Markt auf Sizilien, wo gebrauchte Schuhe verkauft werden. Bild: phb
Warning: Trying to access array offset on value of type null in /home/httpd/vhosts/rocketexpress.org/resetter.org/wp-content/plugins/top-10/includes/class-counter.php on line 54

Der vergangene Montag hat viel über die fragwürdige Konsumkultur von Industriegesellschaften offengelegt. Menschen stehen schon Stunden vor Ladenöffnung Schlange, um als erste wieder Shoppen zu können. Es wird Zeit, unser Einkaufsverhalten und die Auswirkungen des Konsumrauschs stärker zu hinterfragen. Sonst klappt das mit der Konsumwende nicht. – Philipp Bürkler

Es ist paradox: In Genf stehen Menschen in einer langen Schlange, um an kostenlose Lebensmittel zu kommen, weil sie wegen der Coronakrise in die Armut geraten sind und sich nicht einmal mehr das Lebensnotwendige wie Teigwaren, Obst und Schokolade leisten können

Und fast zeitgleich stehen andere Leute in langen Schlangen vor Möbelhäusern und Shopping Malls die nach acht Wochen Coronapause «endlich» wieder öffnen. Während die einen kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten können, frönen andere wieder dem Konsum von Luxusgütern.

Die Bilder in den Medien von den Warteschlangen sind verstörend und irritierend. Die Menschen in Genf verstören, weil man so etwas in einem wohlhabenden Land wie der Schweiz nicht erwarten würde und die Schlangen vor den Möbelhäusern wirken irritierend, weil sie als Kontrast die Auswüchse unserer westlichen Konsumkultur zeigen.

Noch verstörender sind die Statements, die die Menschen vor den Möbelhäusern gegenüber Reportern von News-Portalen abgegeben haben.

«Seit 6.30 Uhr sind wir hier und waren bis 8 Uhr auch alleine. Der Security-Mann hat uns mit Kaffee versorgt», erklärte ein Paar, das am Montag vor einer Ikea-Filiale stand gegenüber einem News-Portal. Das Paar durfte dann übrigens immerhin als erstes den Laden betreten. Wie kommt man allen ernstes auf die Idee, um halb sieben in der Früh – 2.5 Stunden vor Einlass – vor ein Möbelhaus zu stehen?

Was haben diese Leute in den vergangenen acht Wochen in ihrem Leben gemacht, als die Läden geschlossen waren? Haben die überhaupt ein Leben? Oder ist materieller Konsum für solche Menschen die einzige Möglichkeit, ihr sinnlich leeres und inhaltsloses Leben überhaupt mit etwas zu füllen?

Eebenfalls exzessiv war die Lage vor einigen Tagen in Deutschland.

Die Bilder der Menschenschlangen vor den Möbelhäusern sind ein Sinnbild der westlichen Konsumkultur des Überflusses. Bereits nach wenigen Jahren werden die Möbel wieder weggeworfen und neue gekauft. Einerseits, weil die Möbel heute verhältnismässig günstig sind, andererseits, weil die Marketingabteilungen von Ikea und Co. künstlich ständig neue Trends erzeugen.

Zu einem regelrechten Wegwerfprodukt sind in den vergangenen Jahren Kleidungsstücke geworden. Laut einer Studie von Greenpeace kaufen Menschen pro Jahr durchschnittlich 60 Kleidungsstücke, tragen diese allerdings nur noch halb so lang wie noch vor 15 Jahren. Ständig wechselnde «Trends» und eine Fast-Fashion-Industrie, die fast jede Woche neue Kleider in die Regale stellt, haben zu diesem bedenklichen Wandel beigetragen. Ähnlich schnell funktioniert auch der Markt mit Smartphones und anderen Elektronikgütern.

Die expansive Konsumgesellschaft ist Ausdruck und Drang nach immer mehr und immer weiter. Insofern sind Menschen die sich durch Konsum definieren und immer den neuesten Trends folgen auch Opfer von Marketingagenturen und Trendsettern. Unternehmen wollen verkaufen, verkaufen, verkaufen und bringen uns dazu zu kaufen, kaufen, kaufen.

Um das Jahr 1900 hatten Menschen durchschnittlich weniger als 400 Güter in ihren Wohnungen herumstehen. Heute sind es 10’000 oder meistens noch mehr. Natürlich will kein Mensch zu den Verhältnissen zur Zeit des frühen 20. Jahrhunderts zurück. Aber die Bilder der Schlange stehenden Menschen vor den Einkaufszentren sind ein Sinnbild unserer exzessiven Konsumkultur des frühen 21. Jahrhunderts und den dadurch entstehenden negativen Folgen für die Umwelt.

Einerseits verursachen unnötige Konsumgüter Abfall wegen den Verpackungen. Andererseits beinhalten sie «graue Energie». Rohstoffgewinnung, Herstellung, Transport und Lagerung setzen CO2 frei.

Weniger Konsum schont nicht nur die Umwelt, sondern auch das Portemonnaie. Vielleicht müsste dieses Geheimnis mal jemand den Leuten in den Schlangen vor den Shoppingzentren ins Ohr flüstern.

Ein Gedanke zu „Shopping: Corona und die exzessive Konsumkultur“

  1. Pingback: Das Konzept der Überproduktion passt nicht mehr ins 21. Jahrhundert - RESETTER

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert