Design während Corona: Die Renaissance des Innenraums

Die Küche alseiner der Rückzugsorte während der Coronakrise. Foto: phb
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Das Coronavirus verändert unser Verhältnis zur Innenarchitektur. Wohn- und Büroraum verschmelzen in Zeiten von Homeoffice und Quarantäne. Gleichzeitig findet eine Rückbesinnung auf natürliche Farben und Materialien statt.

1981 prägte die New Yorker Zukunftsforscherin Faith Popcorn den Begriff «Cocooning». Vor dem Hintergrund einer hohen Kriminalitäts- und Mordrate in New York der 1970er-  sowie der zunehmenden Verbreitung des Aidsvirus der frühen 1980er-Jahre sei dies «die Notwendigkeit, sich vor den rauen, unvorhersehbaren Realitäten der Aussenwelt zu schützen», so Popcorn’s Vorstellung.

40 Jahre später gibt es ein globales «Cocooning». Das Coronavirus sorgt dafür, dass die Aussenwelt erneut rau und die Realität unvorhersehbar erscheinen. Das Virus zwingt die Menschen, wieder vermehrt in ihren Wohnungen zu bleiben. Stuben werden zu Büros, Schlafzimmer zu Fitnessstudios, Badezimmer zu Erholungsräumen und Balkone zu Parks. 

Einschränkungen im Flugverkehr und Reisewarnungen verstärken den Trend wieder vermehrt zu hause zu bleiben. Dies stellt auch Innenarchitektin Andrea Seiler fest. Wohnen werde seit Ausbruch des Virus wieder wichtiger. «Wir haben deutlich mehr Arbeit. Wir sind eine Branche, die aus der Krise gewinnt.» Möbel würden derzeit öfter ersetzt oder aufgefrischt, so die Innenarchitektin. «Die Leute wollen sich ein Nest bauen.»

Tatsächlich sind die Menschen nach dem Ende des Lockdowns im Mai vor Einkaufszentren und Möbelhäusern Schlange gestanden. Neue Inneneinrichtungen seien vor allem von Privaten für Wohnungen gekauft worden, heisst es beim Verband Möbel Schweiz. Gastrobetriebe hingegen zögerten derzeit mit dem Kauf von neuen Ausstattungen und Möbeln. Zugelegt hätten neben Büromöbel vor allem auch Einrichtungen im Luxussegment.

Sibylle Prestel, Lichtdesignerin und Gestalterin, erkennt seit Corona ausserdem einen Trend hin zu natürlichen Materialien wie Stahl, Glas oder Holz. «Man kann es mit Slow Food vergleichen, die Menschen wollen eher wieder Genuinität und echte, natürliche Materialien in ihren Räumen.» Das bedeute auch, eher weg von der Farbe weiss bei Wänden hin zu Grüntönen. Grün ist uns Menschen seit Anbeginn der Zeit vertraut und hat deshalb positive und stressmindernde Auswirkungen auf die Psyche. 

Eine neue Erfahrung für viele Menschen 2020 war Homeoffice. Die jungen Designer Charlap Hyman und André Herrero aus Los Angeles bezeichnen Homeoffice in ihrer aktuellen Arbeit für das VitraHaus in Weil am Rhein sogar als «the new normal». Tatsächlich dürfte sich durch Corona die Arbeitsweise stark verändern und das Büro in der Stadt an Bedeutung verlieren. Die Nachfrage nach Häusern und Wohnungen ausserhalb der Städte steigt bereits und könnte langfristig das Pendeln mit dem Auto oder dem Zug überflüssig machen. 

Die Wohnung wird nun zum Arbeitsbereich. «Wenn beide Elternteile im Homeoffice sind musste zu Beginn der Krise oft improvisiert und beispielsweise der Esstisch zum Büro umfunktioniert werden», sagt Designexpertin Meret Ernst. Auch für die Branche der Inneneinrichtungen bedeutet dies ein völlig neues Denken, wenn Wohn- und Arbeitsort verschmelzen. Wieder wichtiger werde aufgrund der Corona-Erfahrung auch der Aussenraum. Wer Zeit in Quarantäne verbringe oder vermehrt zuhause arbeite, sei froh, einen Balkon zu haben. Ernst hofft denn auch, dass Innen- und Aussenarchitektur künftig verstärkt als Einheit begriffen werden. 

Das Coronavirus wird die Menschen nachhaltig prägen. Es verändert die Art und Weise wie wir arbeiten und wohnen. Eine passende Inneneinrichtung und die individuelle Gestaltung von Räumen verknüpft Produktivität und Erholung. Arbeiten und Wohnen macht vor allem dann Spass, wenn der Raum zum Kokon und Rückzugsort vor der rauen Aussenwelt wird.

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