Mensch oder Auto? Wie sollen Medien über Verkehrsunfälle berichten?

Wie sollen Medien über Unfälle und Opfer im Strassenverkehr berichten? Dominiert das Auto oder der Mensch? Foto: phb
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Wie wir in den Medien schreiben und sprechen, hat einen enormen Einfluss auf die Wahrnehmung von Themen. Gerade bei zukunftsgerichteten Themen, bei denen ein gesellschaftliches Umdenken nötig ist, ist die Verwendung einer korrekten Sprache umso wichtiger. Wie sprechen wir über die Klimakrise? Wie über den Verkehr? Wie über die Energiewende? In Grossbritannien erarbeitet die Active Travel Academy erstmals Richtlinien, wie in den Medien beispielsweise über Verkehrsunfälle mit Radfahrern und Fussgängern berichtet werden soll.

Die Berichterstattung über die Automobilbranche ist aus vielen Medien nicht wegzudenken. «Autoverkäufe nehmen wieder zu/ab» oder ähnliche Schlagzeilen implizieren meist ein positives Verhältnis zwischen Mensch und Auto. Ein steigender Absatz von Autos wird in der Regel unhinterfragt als positiv gewertet. Nehmen die Autoverkäufe ab, wird das es negativ impliziert. So, als ob es das Normalste der Welt ist, dass nur steigende Absatzzahlen erfreulich sind.

Bei Unfällen liegt der Fokus in den Medien meistens auf dem «Auto» als Akteur und Verurscher. Nicht der Fahrer oder die Fahrerin wird als Akteur beschreben, sondern das Fahrzeug. Dies lenkt in der Berichterstattung oft von der Tatsache ab, dass es Menschen sind, die hinter dem Steuer sitzen und andere Menschen verletzen oder sogar töten. Vorallem wenn Radfahrer oder Fussgänger als Opfer betroffen sind, kommt die Bezeichung «Auto kollidiert mit Radfahrer» einer Verharmlosung gleich.

In der journalistischen und öffentlichen Sprache braucht es deshalb dringend einen Mindshift. Die zentrale Frage dabei: Wie sollen Themen so vermittelt werden, dass in der Gesellschaft ein Umdenken – hin zu einer gerechteren und sozialeren Welt – stattfindet? Oder anders: Was ist nachhaltige Information?

Untersuchungen haben ebenfalls gezeigt, dass die Art und Weise wie Medien über Unfälle berichten, einen enorm grossen Einfluss darauf hat, wie Menschen über das Verhältnis Auto/Radfahrer denken. Noch immer ist es so, dass Autofahrer:innen in einer stärkeren Position sind, nicht nur was ihre PS-Boliden und das Volumen ihrer Fahrzeuge anbelangt, sondern auch bezüglich Ansehen, sozialem Status und Rechte.

Jeder Radfahrer hat wohl schon mindestens einmal Aggression seitens eines Autofahrers erlebt. Der/Die Autofahrer fühlen sich in einer gesellschaftlich verankerten Machtposition. Dem Auto werden alle anderen Verkehrsteilnehmer:innen untergeordnet. Diese Hierachisierung spiegelt sich oft auch in der Medienberichterstattung.

Die Active Travel Academy in Grossbritannien sieht durch mangelhafte Berichterstattung sogar die Gefahr von Fehleinschätzungen im Rechtssystem. Negative Berichterstattung über Radfahrer und Fussgänger würden Polizei, Richter und juristische Gutachter oft sogar zu Fehlurteilen verleiten.

Die erarbeiteten Richtlinien über die Berichterstattung von Verkehrsunfällen in den Medien hat die Active Travel Academy zusammen mit Vertretern der nationalen Polizei, dem Ethikrat der National Union of Journalists, Verkehrssicherheits- und Rechtsexperten, Akademikern und mit Ratschlägen der unabhängigen Journalistenaufsichtsbehörde Impress verfasst.

Die Richtlinien sind ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass die Sensibilidierung auf die Sprache im öffentlichen Diskurs immer mehr an Bedeutung gewinnt. Wie sprechen wir miteinander? Wie akzeptieren wir uns als Menschen? Wie wollen wir miteinander umgehen/diskutieren?

Es geht nicht darum, mit Sprache jemand zu «manipulieren» und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Es geht lediglich darum, Medienkonsumenten auf Themen zu sensibilisieren und Opfer – hier Fussgänger und Velofahrer – nicht mehr zu entmenschlichen, in dem sie auf eine sozial tiefere Rolle verwiesen werden. «Der Radfahrer soll halt selber aufpaassen, die Strassen sind schliesslich für Autos erfunden worden», oder wie diese Stigmatisierung auch immer klingen mag.

Letztendlich geht es also auch im die Frage: wer ist wichtiger, das Auto oder der Mensch?

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