Medien lügen nicht, sie haben nur ein Relevanzproblem

Klimapolitik, Umweltpolitik und gesellschaftliche Zukuftsfragen gehört eine intensivere Berichterstattung im medialen Diskurs. Foto: phb
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Traditionelle Medien sind voll mit Wirtschafts- und Inlandthemen, die auf die Beibehaltung des Status Quo von Wachstum fokussieren. Ökologie und gesellschaftliche Zukunft bleiben Randthemen, obwohl sie uns Menschen eigentlich mehr beschäftigen als Börsenkurse. Es wird Zeit, für eine breitere und intensivere Berichterstattung zur Klimakrise und mehr Sendezeit für Themen zur künftigen Gesellschaft. Redaktionen müssen sich endlich der Realität stellen.

Medien haben kein Problem mit Wahrheit. Medien haben ein Problem mit Relevanz. So würde ich etwa den aktuellen Zustand Medienlandschaft umschreiben. Es geht nicht um Fake-News oder Manipulation. Diese Vorwürfe kommen meistens von rechten bis rechtsextremen oder anderen verschwörungsideologischen Kreisen/Vollidioten, die bewusst (staatliche) Medien in den Dreck ziehen wollen.

Die Wahrheit ist ganz anders: 99 Prozent der Journalist:innen fühlen sich nichts anderem als der Wahrheit verpflichtet. Wer sich nicht er Wahrheit verpflichtet fühlt, ist kein Journalost. Punkt.

Die absolute Wahrheit gibt es nicht. Dazu kommen subjektive Empfindungen, unterschiedliche intellektuelle Fähigkeiten und Interessen, die die Wahrheit verzerren können oder sie einseitig darstellen können. Bewusste Fehler machen aber die wenigsten Medienschaffenden.

Wenn sie dann doch einmal Unwahrheiten kolportieren sollten, dann, weil die Journalist:innen ungenau gearbeitet oder schlecht recherchiert haben. Das ist nicht Manipulation, sondern Ausdruck von Unwissenheit, Zeitdruck, schlechter Bezahlung oder mangelnder Ausbildung.

Mangelnde Relevanz

Das Problem sind nicht bewusste Lügen und Fake-News. Das Problem heisst mangelnde Relevanz. Oft bringen traditonelle Verlaugshäuser Themen – die inhaltlich absolut korrekt sind – aber nicht im Geringsten etwas mit dem Leben der Menschen oder den globalen Herausforderungen zu tun haben.

Warum beispielsweise werden klimapolitische Themen im öffentlichen Rundfunk noch immer als Nebensache abgehandelt? Warum werden Klimathemen noch immer so behandelt, als ob es ein Dafür und ein Dawider gibt? Warum merken Medien- und Verlagshäuser nicht längst, dass Klima-, Umwelt- und Zukunftspolitik alle Menschen etwas angeht? Genau deshalb wären solche Themen, eben, relevant.

Ich habe vor einigen Monaten während des Corona-Lockdowns den klugen Leuten des Klimastreiks Schweiz in einem Webinar ein Kopliment gemacht: Ich sagte ihnen, eure Themen sind sehr interessant und bräuchten viel mehr Aufmerksamkeit. Warum hat Klimastreik Schweiz keine eigene Sendung bei SRF, habe ich in die Runde gefragt. Die Antwort: Ja, warum eigentlich nicht?

Warum bringt SRF vor der Tagesschau eine Börsensendung, obwohl die meisten Menschen keine Aktionäre sind? Warum wird das ganze Narrativ immer aus der Wirtschaftsperspektive erzählt, obwohl wir vom Wachstumsfetisch endlich los kommen sollten?

Mit solchen Sendungen wird der Status Quo zementiert, eben genau jene Welt, die wir nicht mehr wollen, weil es so nicht weitergehen darf. Ich finde es deshalb toll, dass Klimastreik Schwiez nun eine Unterschriftensammlung gestartet hat, in der es um einen Ausbau der Klimaberichterstattung bei SRF geht. Auch in Deutschland tut sich offenbar etwas. Unter dem Hashtag #KlimaVor8 wird eine Klimaberichterstattung vor den Hauptnachrichten bei der ARD gefordert.

Das reicht aber noch nicht. Angesichts der Dramatik der Klimakrise und des Artensterbens muss die Berichterstattung über klimapolitische Themen nicht nur etwas erhöht, sondern massiv ausgebaut werden. In öffentlichen Sendern wie SRF oder ARD, aber auch bei privaten Anbietern.

Es ist Aufgabe des öffentlichen Rundfunks, die politischen Prozesse und Blockaden, die ein rasches Ende der Treibhausgasemissionen verhindern, aufzuzeigen. Was sind die Konsequenzen, wenn wir jetzt nicht handeln?

Ausser einer Klimasendung anstelle einer Börsensendung, würde ich aber noch einen Schritt weitergehen. Auch Themen zur Zukunft unserer Geselslchaft gehören zwingend auf die tägliche mediale Agenda. Wie wollen wir zusammenleben? Wie soll der öffentliche Raum in Städten und Dörfen gestaltet werden? Was ist ein gutes Leben? Etc.

Es geht nicht um «Nudging», wo der Staat die Menschen lenkt und «manipuliert». Es geht auch nicht um mediale/redaktionelle Manipulation, bei der die Journalist:innen die Menschen mit Verhaltensweisen einlullen. Nein, es geht letztendlich um demokratische Mitbestimmung und Vermittlung von Wissenschaft und möglichen Optionen für die Zukunft.

Vorschlag: Täglich eine Klima-News-Sendung im öffentlichen Rundfunk, die über das aktuelle Geschehen in Politik, Forschung und Kunst im Zusammenhang mit der Klimakrise berichtet.

Vorschlag zwei. Eine mindestens drei mal wöchentlich ausgestrahlte Hintergrundsendung mit Zukunftsfragen für die Schweiz und die Welt. Wie soll die Zukunft aussehen? Und eben gerade nicht aus wirtschaftlicher Sicht, sondern aus sozialer, künstlerischer und verantwortungsvoller Perspektive.

Die Redaktionen, Chefredaktoren und Cherferaktörinnen sind also gefragt. Teil zwei dieser Gedankenkonzeption folgt.

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