Seit 1960 ist die Luftqualität weltweit um fast 40 Prozent schlechter geworden. Jährlich sterben weltweit mehr als vier Millionen Menschen an Luftverschmutzung. Vorallem in Ländern im Süden ist die Luft besonders schlecht. Luftverschmutzung und Feinstaubpartikel sind laut einer neuen Studie für Viruskrankungen wie Covid-19 mitverantwortlich.
Ein Scheinwerfer im Dunkeln macht den Staub in einem Raum sichtbar. Die Struktur von tausenden von Staubpartikeln sehen im Licht der Dunkelheit aus wie eine Galaxie im Weltraum. Von blossem Auge nicht sichtbar und noch wesentlich kleiner als Staubkörner sind jedoch Feinstaubpartikel.
Feinstaub atmen wir ein, weshalb er sogar für die hohe Sterblichkeit bei Covid-19 verantwortlich sein könnte. Feinstaub funktioniert demnach als Träger von Viren in unsere Lungen.
Dabei spielen Wuhan in China und die Metropolitanregion Mailand eine entscheidende Rolle. Beide Regionen sind grossflächige Gebiete mit vielen Menschen und schlechter Luftqualität. Und in beiden Regionen hat Covid-19 überdurchschnittlich viele Todesfälle gefordert.
Die Mortalität von Covid-19 scheint nämlich mit der Luftverschmutzung, vor allem mit Feinstaub, zusammenzuhängen. Das haben italienische Wissenschaftler bereits füh nach Ausbruch von Covid-19 in Italien festgestellt.
Schlechte Luft schädigt die Atemwege, die über kleine Partikel als Sars-CoV-2 in den Körper eindringen. Gerade ältere Menschen, die bereits an Vorerkrankungen der Atemwege durch Luftverschmutzung leiden, sind anfällig auf Lungenentzündungen, Lungenversagen oder eine Sepsis, wie sie durch Covid-19 augelöst werden kann.
Gemäss dem italienischen Wissenschaftsteam schädigt Feinstaub nicht nur die Lungen, sondern könnte sogar für die massive Verbreitung des Coronavirus verantwortlich sein. Umso mehr Feinstaub in der Luft ist, desto eher funktioniert Feinstaub als Vehikel für die Viren in die Lunge.
Den Zusammenhang von Feinstaub und Sterblichkeit von Covid-19-Patient_innen haben auch Biostatistiker der Harvard University festgestellt. Wie in Norditalien und Wuhan ist die Mortalität in den USA überdurchschnittlich hoch. Mittlerweile sind in den USA mehr als 122’000 Menschen am Coronavirus gestorben. (Stand, 23. Juni 2020).
Das Harvard-Team hat herausgefunden, dass Vorerkrankungen, die das Risiko an Covid-19 zu sterben, vor allem mit Feinstaub zusammenhängen. Vor allem Menschen, die über einen längeren Zeitraum einer erhöhten Konzentration von Feinstaubpartikeln mit einem maximalen Durchmesser von 2,5 Mikrometer (PM2,5) ausgesetzt waren, gehörten demnach vorwiegend zu den Todesopfern.
Schlechte Luft und Feinstaubbelastung fördern aber nicht nur Covid-19, sondern sind gemäss WHO generell für den Tod von jährlich 4.2 Millionen Menschen weltweit verantwortlich, wie es in einem Bericht heisst.
Permanenter Lockdown und weniger Industrie
Um diese Todeszahlen zu minimieren, müssten Staaten also nicht nur wie beim Lockdown ihre Volkswirtschaften und Industrien temporär, sondern permanent massiv herunterfahren. Die Zahlen sind verrückt. Weltweit leben 91 Prozent der Menschen in ständiger Feinstaubbelastung, die laut WHO die empfohlene Konzentration von 10 μg/m3 überschreitet. 91 Prozent der Menschen atmen also täglich schlechte und massiv ungesunde Luft ein.
Wissenschaftler_innen der University of Exeter und der WHO haben vor wenigen Tagen im Wissenschaftsmagazin Climate and Atmospheric Science, «Nature», nun eine weitere Studie veröffentlicht. Darin heisst es, dass die Luftverschmutzung in weiten Teilen der Welt zunimmt.
Vor allem Menschen in Zentral-, Südost- und Südwestasien sowie in Afrika südlich der Sahara atmen zunehmend unsaubere Luft ein. In Europa und den USA ist die Luft in den vergangenen Jahren zwar immerhin etwas besser geworden, schreiben die Studienautoren.
Luft ist weltweit seit 1960 um fast 40 Prozent schlechter geworden
Schlechte Luft und Feinstaub wird vor allem durch den Energieverbrauch in Häusern, der Industrie, der Landwirtschaft, dem Verkehr oder auch von Kohlekraftwerken verursacht. Sogar Naturphänomene wie Sandstürme in der Sahara und dem Nahen Osten können Feinstaubpartikel mit giftigen Stoffen über Tausende Kilometer transportieren
Für die Studie verwendeten die Wissenschaftler_innen Boden- und Satellitendaten von Luftqualitäten zwischen 2010 und 2026. Diese Daten haben sie anschliessend global und regional sowie für einzelne Staaten berechnet. Als Massstab galten die Berechnungen der Nachhaltigkeitsziele der UNO, den Sustainable Development Goals.
Weltweit stieg demnach die Feinstaubkonzentration zwischen 1960 und 2009 um 38 Prozent. In den vergangenen 60 Jahren stieg auch die Zahl der durch schlechte Luft verursachten Todesfälle um 124 Prozent.
Während zwischen 2010 und 2016 in Europa die Luft etwas besser wurde und von 12,4 auf 9,9 μg/m3 die PM2,5-Feinstaubkonzentration abgenommen hat, ist die Feinstaubbelastung vor allem in Zentral- und Südasien um 54.8 auf 61.5 μg/m3 angestiegen.
Die bessere Luft in Europa und Nordamerika hat aber nicht nur damit zu tun, dass wir im Norden umweltfreundlichere Technologien einsetzen, sondern auch, weil ganze Industrien nach Asien verlagert oder outgesourct wurden. Das Problem wurde also externalisiert.
Die Coronakrise könnte allerdings zu einem Backlash führen, da – beispielsweise in den USA – Donald Trump Umweltauflagen für Unternehmen gelockert hat.
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