Bei der Klimakrise handelt der Mensch völlig irrational

Unsere Gesellschaft ist gegen alles abgesichert und versichert. Gehandelt wird bei jeder Bedrohung: Nur bei der Klimakatastrophe scheint es, als hätten wir freie Fahrt über die Klippe. Bild: phb
Warning: Trying to access array offset on value of type null in /home/httpd/vhosts/rocketexpress.org/resetter.org/wp-content/plugins/top-10/includes/class-counter.php on line 54

Wenn es um wirtschaftliche Interessen, das Rennen um die erste Mondlandung sowie militärische und atomare Aufrüstung geht, scheuen Unternehmen und Regierungen keine finanziellen Mittel und Anstrengungen. Geht es aber um den Erhalt der Biosphäre, scheint es keine Eile zu geben. Dabei wären Investitionen in den Erhalt der Artenvielfalt in erster Linie eine Investition in das Wohlergehen der Menschen und unsere Existenz.

Als US-Präsident John F. Kennedy 1961 den Amerikaner:innen versprach, die USA würden bis zum Ende des Jahrzehnts auf dem Mond landen, hat er eine gewaltige, in der Menschheitsgeschichte noch nie dagewesene Energie freigesetzt. Eine Maschinerie aus hunderttausenden Menschen hat innerhalb weniger als einem Jahrzehnt, das Unmögliche möglich gemacht, um den ersten Menschen auf den Mond gebracht. Unzählige Wissenschaftler:innen, Techniker:innen, Handwerker:innen sowie Mitarbeiter:innen in der Verwaltung, sie alle haben zum Gelingen des Mondprojekts beigetragen.

Möglich wurde dies, weil Kennedy – auch wenn er persönlich vielleicht an der Realisierung zweifelte – gegen aussen überzeugend auftrat und er es schaffte, Hunderttausende Menschen, ja letztendlich aller Amerikaner:innen für das Jahrhundertvorhaben zu begeistern. Die Erreichung des Mondes – vor den Sowjets – war die Verwirklichung eines gemeinsamen Traums.

Mit ähnlichem Enthusiasmus ereignete sich einige Jahre zuvor auch der Wiederaufbau nach dem Krieg in Deutschland. Millionen Menschen waren überzeugt, dass es nun aufwärts gehe und sie den Krieg hinter sich lassen könnten. Die Überzeugung dieser Kraft und der Wunsch nach Veränderung setzten eine nie dagewesene Energie frei, in deren Folge Wohlstand und Prosperität zunahmen.

Auch während der Finanzkrise von 2008 haben sich die weltweiten Regierungschefinnen und -chefs ohne grosses Überlegen darauf geeinigt, die Banken mit Hunderten Milliarden Euro und Dollar zu stützen. Und erst im vergangenen Jahr haben Staaten als Antwort auf die Covid-19-Pandemie teilweise ihre gesamten Volkswirtschaften lahmgelegt. Wer hätte das noch ein paar Wochen zuvor ernsthaft für möglich gehalten, dass Staaten ihre Wirtschaften lahmlegen?

Es gibt noch unzählige andere Beispiele, auch in kleinerem Massstab oder in kleineren Regionen oder sogar einzelnen Unternehmen. Allen Beispielen gemeinsam ist die Angst vor einer Bedrohung. Nach dem Krieg war es die Angst vor dem sozialen Abstieg und einem erneuten Krieg, in den Sechziger Jahren war es die Angst vor einem überlegenen Sozialismus und der Angst vor einem Atomkrieg, nach der Finanzkrise war es die Angst vor dem Kollaps des Kapitalismus sowie dem Verlust des Wohlstandes und 2020 war es die Angst vor einem gefährlichen Virus.

Und jetzt? Die Welt steht mit der Klimaerhitzung vor der grössten Krise und einer Katastrophe, wie wir sie noch nie erlebt haben. Tausende Arten sterben aus, Ökosysteme kollabieren und der Planet erwärmt sich derart, dass ein Leben für Menschen und Tiere schon bald unmöglich oder nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich sein wird. Und was passiert? Nichts, oder nicht viel.

Wie die obigen Beispiele zeigen, handelt der Mensch bei vermeintlichen Bedrohungen, geht es aber tatsächlich um die grösste Bedrohung seit seiner Existenz, nimmt er es ziemlich locker. Mit anderen Worten: lieber Banken und ein Finanzsystem ad hoc mit Milliarden retten, als die eigene Existenz und Lebensgrundlage zu sichern.

In einem neuen Bericht ruft die Uno zum Auftakt des «Jahrzehnts der Wiederherstellung des Ökosystems» die Regierungen der Welt, sowie alle Menschen eindringlich dazu auf, endlich zu handeln. Bis 2030 muss gemäss Uno eine Fläche so gross wie China wieder hergestellt werden um die Ökosysteme vor einem Kollaps zu bewahren. Aber: Noch immer werden kurzfristige wirtschaftliche Gewinne über die Gesundheit des Planeten und der Menschen gestellt, heisst es im Bericht des UN-Umweltprogramms (Unep) und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) zum Start des Jahrzehnts.

Die globalen Herausforderungen müssen mit vergleichbarem Enthusiasmus angegangen werden die der Wettlauf um die erste Mondlandung oder die Rettung des Finanzsystems. Im Gegensatz zu früher geht es heute buchstäblich ums Eingemachte. Wären 1969 die Sowjets vor den USA auf dem Mond gelandet oder wäre 2008 das Finanzsystem völlig kollabiert, die Menschheit gäbe es heute trotzdem noch, weil die Lebensgrundlage der Biosphäre unangetastet blieb. Ganz anders heute: Verpassen wir es bei der Klimakatastrophe zu handeln, könnte die Geschichte dieses mal anders, zu Ungunsten für die Menschheit, ausgehen. Jetzt nicht kollektiv und global entschieden zu handeln wäre völlig irrational.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert