Die weltweiten Eismassen schmelzen immer schneller ab. Zu diesem Ergebnis kommen Forscherinnen und Forscher im bisher umfassendsten Bericht zu diesem Thema. Am schnellsten verschwindet das arktische Meereis, die antarktischen Schelfeise sowie die Gletscher auf Grönland. Das Tempo entspricht nun den schlimmsten Szenarien. Die Folgen dürften Küstenregionen in den kommenden Jahrzehnten massiv zu spüren bekommen.
28 Billionen Tonnen Eis – 28 000 000 000 000. Gemäss den Forscher:innen könnte damit ganz Grossbritannien mit 100 Meter Eis überdeckt werden. Die Schweiz – sechs mal kleiner – würde unter einer Eisdecke von 600 Metern verschwinden.
Die gigantische Masse ist seit Mitte der Neunziger Jahre verschwunden und hat sich in Wasser aufgelöst. Etwa zwei Drittel wurden durch die Erwärmung der Atmosphäre verursacht, etwa ein Drittel durch die Erwärmung der Meere.
Die Untersuchung umfasst 215.000 Gebirgsgletscher, die über den ganzen Planeten verteilt sind, die polaren Eisschilde in Grönland und der Antarktis, die Schelfeisflächen, die um die Antarktis herum schwimmen, und das Meereis, das im arktischen und südlichen Ozean treibt. Die Eisverluste schlüsseln sich in Billionen Tonnen folgendermassen auf.
- Antarktisches Meereis 7.6
- Schelfeis 6.5
- Gebirgsgletscher 6.1
- Grönland 3.8
- Antarktisches Eisschild 2.5
- Antarktisches Meereis 0.9
Diese Zahlen berechnet hat das Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC, der weltweit führenden Autorität zum Thema Klima, mit Satellitenaufnahmen. Die Ergebnisse wurden gestern in der Zeitschrift The Cryosphere veröffentlicht. Die Forschung ist die erste ihrer Art, die den globalen Eisverlust anhand von Satellitendaten untersucht.
Die Geschwindigkeit der Eisschmelze hat gemäss den Forschern deutlich zugenommen in den vergangenen drei Jahrzehnten. In den 1990er-Jahren sind jährlich etwa 0.8 Billionen Tonnen Eis geschmolzen. Im Jahr 2017 waren es bereits 1.3 Billionen Tonnen. Der Verlust hat gegenüber den Neunziger Jahren um 57 Prozent zugenommen. Der Meeresspiegel ist seit 1994 um 35 Millimeter gestiegen. Die Folgen davon dürften Küstenregionen und Küstenstädte in Form von Überschwemmungen und Stürmen in den folgenden Jahrzehnten massiv zu spüren bekommen, warnen die Forscher:innen im Bericht.
Der grösste geschmolzene Teil ist schwimmendes Eis in den Polarregionen. Dieser Verlust ist führt zu einem Rückkopplungsmechanismus der sich Albedo-Effekt nennt. Weisses Eis reflektiert das Sonnenlicht zurück in den Weltraum. Sobald dieses Eis schmilzt legt es das darunter befindende dunkle Wasser frei. In der Folge wird das Sonnenlicht nicht mehr absorbiert, sondern beschleunigt die Erderhitzung.
Sechs Billionen Tonnen haben seit 1994 die weltweiten Gletscher an Eismasse verloren. Das entspricht etwa einem Viertel des globalen Eisverlustes. Schrumpfende Gletscher verursachen in den umliegenden Regionen – beispielsweise in der Schweiz – Überschwemmungen, weil zu viel Wasser talabwärts fliesst.
Andererseits kommt es zu Wasserknappheit, weil ein schrumpfender Gletscher wenig bis kein Wasser mehr talabwärts abgibt. Auch dem «Wassrschloss» Schweiz droht eine Wasserknappheit in der Landwirtschaft im Flachland, wenn die Gletscher in den Alpen noch weiter zurückgehen. Bedrohlich sind schmelzender Gletscher aber auch für die Trinkwasserversorgung.
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