50 Jahre «Earth Day»: Die Menschheit sollte endlich längerfristig denken

Der «Earth Day» findet in mehr als 175 Ländern statt. Der Name und das Konzept wurden erstmals von John McConnell im Jahr 1969 bei einer UNESCO-Konferenz in San Francisco vorgeschlagen. Bild: phb
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1970 wurde erstmals der «Earth Day» gefeiert. Wirklich zum Feiern ist der Zustand der Erde nach 50 Jahren nicht. Sich nur erinnern an die Verletzklichkeit der Ökosysteme reicht nicht. Nach wie vor werden Unmengen an CO2 in die Atmosphäre ausgestossen und Umweltmassnahmen missachtet. Es ist Zeit zu reflektieren und handeln. – Philipp Bürkler

Die Menscheheit war noch nie gut darin, nachhaltig in die Zukunft zu planen. Meistens wird erst auf etwas reagiert, wenn es uns unmittelbar betrifft. Ein gutes Beispiel ist die aktuelle Covid-19-Pandemie. Obwohl verschiedene Wissenschaftler bereits seit Jahren vor einer möglichen Pandemie gewarnt haben, wurde erst reagiert, als das Virus sich bereits ausgebreitet hatte. Wären bereits vor Jahren Massnahmen getroffen worden, hätte wahrscheinlich ein Lockdown vermieden werden können. Das Fehlen eines Maskenlagers ist nur ein Beispiel dafür, wie wenig mit einer potenziellen Realität in der Zukunft gerechnet wurde. Kurzfristiges Denken und das Reagieren auf das Hier und Jetzt sind gesellschaftlich verbreiteter als langfristiges Denken. Das Problem nennt sich kognitive Dissonanz. Man will einfach nicht wahrhaben, dass so etwas passiert.

Eine kognitive Dissonanz gibt es seit Jahren auch bei der Klimaerwärmung. Wir wissen seit Jahrzehnten, dass uns die Klimakatastrophe droht. Passiert ist auf politischer und wirtschaftlicher Ebene bisher aber wenig. Die meisten Menschen sind sich zwar mittlerweile bewusst, dass es die Klimaerwärmung gibt, dennoch ist sie für viele noch immer ein abstraktes Ereignis, das irgendwann – in zehn, 20 oder 30 Jahren – stattfinden wird.

Als Folge des Nichtreagierens steigt die Kurve der jährlichen CO2-Emission weiter an, so, als ob wir noch nie von der Klimaerwärmung gehört hätten. Gleichzeitig werden die Probleme dadurch auf morgen verschoden. Erst Greta Thunberg und die Fridays for Future-Aktivist:innen haben das Thema ins breite Bewusstsein gesetzt eine Intensivierung der Medienberichterstattung ermöglicht. Noch vor 18 Monaten wäre ein solcher Aktivismus undenkbar gewesen.

Virus ist Chance für Reflexion

Und jetzt, wo die Klimabewegung immer mehr Fahrt aufgenommen hatte und das Bewusstsein über die Realität der Klimaerwärmung in den Köpfen von immer mehr Menschen Einzug hielt, kommt ein Virus und verdrängt das Thema wieder fast vollständig aus der Öffentlichkeit. Verständlicherweise: Denn das Virus löst bei vielen Menschen nicht nur Angst und Verunsicherung aus, es ist auch eine echte Bedrohng für die Gesundheit der Menschen. Der seit Wochen andauernde Lockdown und die Verletzlichkeit der eigenen Gesundheit können aber auch eine Chance sein für die Zukunft der Erde. Das Coronavirus gibt uns die Chance, über uns selber zu reflektieren und nachzudenken. Es sind grundlegende Fragen: Wer sind wir? Was wollen wir? Wohin wollen wir? Und: Wie wollen wir zusammenleben?

Covid-19 bringt vielleicht den lange erwarteten und dringend nötigen Reset. Eines ist sicher, so weitergehen wie vor der Coronakrise kann und wird es nicht. Selbst jene die wollen, dass alles wieder so wird, wie vor der Krise, werden bald einsehen, dass dies nicht möglichist. Die Post-Coronazeit sollte deshalb optimal genutzt werden für Reformen und Änderungen am «System». Jetzt könenn wir eine neue Wirtschaftsweise aufbauen, die auf Nachhaltigkeit und dem «People first»-Denken basiert.

Es ist zu hoffen, dass Menschen endlich einsehen, dass Leute wie Donald Trump nichts – aber auch gar nichts – zur Zukunft des Planeten und der Menschen beizutragen haben. Gerade seine neuste Aussage, wonach er alles tun werde, damit die Erdöl- und Gasindustrie überlebensfähig bleibe, zeigt, dass dieses Denken nicht nur anachronistisch ist, sondern letztendlich die Menschheit kaputt macht und Zukunft verunmöglicht. Abgesehen davon widerspricht er sich selbst. Er lehnt Staatsintervention sonst generell ab, nur bei der Ölindustrie macht er natürlich eine Ausnahme.

Das Ende des Erdölzeitalters wird in diesen Tagen eingeläutet. Ein Zurück gibt es nicht mehr. Der heutige «Earth Day» sollte deshalb nicht nur an die Verletzlichkeit des Planeten erinnern, sondern Mut machen, jetzt endlich Verantwortung zu übernehmen. Für den Planeten und für uns.

Eine kurze Geschichte des ersten «Earth Days» im Jahr 1970

Vor dem ersten «Earth Day» im Jahr 1970 war die Welt noch eine völlig andere. Autos fuhren mit stark bleihaltigem Benzin und Fabriken stiessen schwarzen Rauch aus ihren Kaminen aus, ohne auch nur mit geringsten Kosequenzen rechen zu müssen. Eine negative Berichterstattung in den Medien mussten sie auch nicht befürchten. Genauso wie es damals total angesagt war und sogar als gesund erschien, Zigaretten zu rauchen, empfanden die Menschen auch den Geruch und den Rauch von Fabriken als angemessen und fortschrittlich. Schliesslich befanden sich die Menschen in der Nachkriegszeit. Alles ging aufwärts, Wachstum und Fortschritt waren die Maxime. Dass der Fortschritt aber nur auf Kosten natürlicher Ressourcen und der Umwelt überhaupt möglich war, leuchtete den Menschen noch nicht ein.

Berichterstattung im US-Fernsehen über den ersten «Earth Day» im Jahr 1970.

1962 veröffentlichte die Biologin Rachel Carsons ihr Buch Silent Springs. Es war das erste Buch, das darauf aufmerksam machte, dass die Menschheit so nicht weitermachen kann und ein Wandel unvermeidbar ist. Das Buch wurde zu Beginn der Sechszigerjahre zu einem Bestseller und verkaufte sich in mehr als 24 Ländern über 50’000 Mal. Erstmals wurde es einer breiten Öffentlichkeit bewusst, dass die auf der Erde lebenden Organismen verletzlich sind und es einen Zuammenhang gibt zwischen der Umwelt und uns Menschen.

Inspiriert von diesem Buch und entsetzt über die Folgen einer massiven Ölkatastrophe in Kalifornien im Jahr 1969 wollte der damalige Senator aus Wisconsin, Gaylord Nelson, nach dem Vorbild der Studentenproteste gegen den Vietnamkrieg einen Aktionstag ins Leben rufen, der die Antikriegsproteste mit dem Bewusstsein über die zunehmende Luft- und Wasserverschmutzung verbinden sollte.

Damit sich möglichst viele Studenten am Aktionstag beteiligen, wurde der 22. April gewählt, einen Tag zwischen Spring Break und den Abschlussprüfungen an den Universitäten. Der Name «Earth Day» und das Konzept wurden erstmals von John McConnell im Jahr 1969 bei einer UNESCO-Konferenz in San Francisco vorgeschlagen.

Am 22. April 1970 war es soweit. Der erste «Earth Day» brachte damals in den USA Tausende Menschen auf die Strassen um gegen Ölverschmutzungen, dreckige Fabriken und Kraftwerke, verschmutzes Abwasser, Giftmülldeponien, Pestizide, Autobahnen, den Verlust der Wildnis und die Ausrottung der Tierwelt zu protestieren. Bereits Ende 1970 gründeten die USA aufgrund des «Earth Days» ihre erste Umweltbehörde.

Zwei Jahre später erschien das Buch «Grenzen des Wachstums» des Club of Rome das am St. Gallen-Symposium vorgestellt wurde. Deses Buch wiederum löste nochmals ein weiteres Umdenken aus in dessen Folge grüne Parteien und Umweltverbände in den 1970er-Jahren gegründet wurden.

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