Wollen wir ernsthaft das Klima schützen, müssen wir nicht nur weniger konsumieren, sondern vor allem auch weniger produzieren. Solange die Industrie mehr Güter herstellt, als wir Konsumieren, nützen jegliche Versuche nichts, den Konsum einzuschränken. Unternehmen müssen zwingend ihre Produktion herunterfahren und die Mitarbeiter an den Geschäftsprozessen und Produktionsmitteln beteiligen.
Nachdem der Künstler Andy Warhol 1987 gestorben ist, hat man in seiner Wohnung Hunderte Einkaufstaschen gefunden mit ungetragenen Kleidungsstücken. Schuhe, Hemden, Hosen, Anzüge und so weiter und so fort.
Andy Warhol war ein sogenannter Shopaholic, ein Kaufsüchtiger, der sich Dinge gekauft hat, die er anschliessend nie verwendet oder getragen hatte. «Buying is much more American than thinking», soll der Popart-Künstler einmal treffend gesagt haben.
Ob Warhol auch heute noch im Bewusstsein des ökologischen Kollaps so viele Dinge kaufen würde, wissen wir nicht. Es ist auch völlig irrelevant darüber nachzudenken. Dennoch war seine Shoppingsucht genauso ein Sinnbild der heutigen Verschwendungsgesellschaft, wie seine in Serie produzierte Kunst.
Es ist die schiere Masse an Waren, die Konsument:innen heute zur Auswahl stehen. Das Angebot von Waren ist in den vergangenen Jahrzehnten förmlich explodiert. Ab den 1950er-Jahren wurden Waren zunehmend für alle Menschen erschwinglich und breit verfügbar. In den 1970er-Jahren waren die Grundbedürfnisse praktisch aller Menschen erstmals bereits gedeckt. Alle Menschen in westlichen Ländern hatten das, was sie für ein «gutes» und glückliches Leben benötigen. Kleidung, Wohnungseinrichtung, Fernseher, sowie alle erdenklichen Lebensmittel.
In einer Welt, in der Grundbedürfnisse gestillt sind, brauchten Märkte und Unternehmen neue Strategien, um doch noch expandieren zu können. Ab den späten Siebziger Jahren produzierten Unternehmen und Hersteller deshalb mehr Produkte und Waren als die Menschen eigentlich brauchten. Durch geschicktes Marketing wurden zunehmend Wünsche geschaffen, von denen die Menschen zuvor nicht zu träumen wagten. Es war der Beginn des Überfluss-Zeitalters.
Konsum hatte eine stabilisierende Funktion auf die Gesellschaft. Solange konsumiert wurde, konnte auch Wirtschaftswachstum generiert werden. Heute sind wir längstens an einem Punkt angelangt, an dem Überproduktion und das gleichzeitige Versprechen nach Wachstum und Prosperität immer mehr zum Problemen für die Umwelt und die Ökosysteme werden.
Deutlich wird Überproduktion beispielsweise im Textil- oder Lebensmittelsektor. Kleidungsstücke werden oft zu Tausenden in Billiglohnländern hergestellt und in Europa oder den USA zu Schleuderpreisen verkauft. Kleidungsstücke sind zu einem Wegwerfgut geworden. Einmal tragen und dann weg damit, ist eine weit verbreitete Praxis in der westlichen Konsumkultur des 21. Jahrhunderts. Warhol hat seine Kleidung war nicht angezogen, die aber immerhin nicht weggeworfen.
Ein ähnliches Bild gibt es in der Lebensmittelbranche. Auch Lebensmittel – allen voran Fleisch – werden immer billiger produziert und zu Tiefstpreisen angeboten. Die zunehmenden Berge von Foodwaste zeigen, welche Auswirkungen solche Überproduktionen haben. Überproduktion schadet den Ökosystemen massivst. Für die Herstellung von Waren werden meistens Unmengen an Wasser und anderen natürlichen ressourcen benötigt. Auch für den Transport mit Flugzeugen, Schiffen oder Lastwagen werden enorme mengen an Treibhausgasen ausgestossen, nur damit ein Grossteil der Waren anschliessend ungebraucht in der Tonne landet. Alleine in der Schweiz landen jährlich fast drei Millionen Tonnen noch geniessbare Lebensmittel im Abfall-
Es wird Zeit, im Zusammenhang mit der ökologischen Krise endlich über die Produktionsmengen von Gütern nachzudenken. Konsum- und Produktionskonzepte aus den Achtziger Jahren, die lediglich auf Wachstum ausgerichtet sind und die Konsequenzen auf die Umwelt völlig ausser acht lassen, sind im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts definitiv überholt.
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