Wir brauchen nicht europäische Werte, sondern global verbindliche

Die europäische Angst vor dem Abstieg. Europa mag ärmeren Ländern den Aufstieg und den Wohlstand nur solange gönnen, wie der eigene Wohlstand nicht tangiert wird. Foto: phb
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Viele Menschen – vor allem Politiker:innen – haben noch immer nicht verstanden, wie tiefgreifend die ökologischen Veränderungen für den Planeten sein werden. Vor allem dann, wenn nicht endlich gehandelt wird. Es braucht endlich eine Politik, die die planetaren Grenzen anerkennt und soziale Verantwortung übernimmt.

Wenn von Verantwortung gesprochen wird, sind meistens die «anderen» gemeint. Er oder sie soll Verantwortung für XY übernehmen. Sätze wie «dafür übernehme ich keine Verantwortung» oder «das liegt nicht in meiner Verantwortung» hört man häufig. Wenn es aber darum geht, selbst Verantwortung zu übernehmen, wird es schon etwas schwieriger. 

Genau an diesem Problem scheitern bis heute auch zukunftsgerichtete und griffige Massnahmen im Umgang mit der längst sichtbar gewordenen Klimaerwärmung. Es herrscht oft noch immer die Haltung, dass zuerst die «anderen» etwas tun sollen, bevor man selber auch etwas tut. Weshalb sollen wir in Europa unsere CO2-Emissionen senken, wenn Länder wie China oder Indien noch immer zu viel CO2 in die Atmosphäre pusten oder – wie China – sogar noch dutzende neue Kohlekraftwerke baut?

Gleichzeitig wird in Europa im Zusammenhang mit flüchtenden Menschen und dem Islam immer wieder von den angeblich bedrohten «europäischen Werten» und der «europäischen Kultur» gesprochen. Wenn es aber darum geht, Verantwortung zu übernehmen werden die Werte schonungslos über Bord geworfen.

Das Thema geflüchtete und Klima haben hier sogar markante Parallelen. So manche Europäer wollen keine Geflüchtete aus Afghanistan aufnehmen, weil sie angeblich die «europäische Kultur» in Gefahr sehen. Es ist die Haltung: die anderen sollen doch diese Menschen bei sich aufnehmen. 

Oft sind es dieselben Leute, die auch nichts gegen die zunehmende Klimakrise unternehmen wollen, weil dadurch angeblich die Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen wird. Auch hier ist es die Haltung: Sollen doch die anderen, in diesem Fall China oder Indien, zuerst mal etwas tun, aber wir «opfern» sicher nicht unsere Wirtschaft, nur um ein paar Kilogramm CO2 einzusparen.

Wer von europäischen Werten, Humanismus und Kultur schwadroniert, soll zuerst mal selbst Verantwortung übernehmen. Dazu gehört auch ein klares Bekenntnis zu Gerechtigkeit und die Einsicht, dass die «europäische Kultur» und der «der Westen» mit den USA insgesamt in den vergangenen Jahrhunderten durch Imperialismus, Weltkriege und einem Kalten Krieg viel zum heutigen globalen Chaos beigetragen hat.

Europäische Kultur und Werte im 21. Jahrhundert sollten nicht mehr damit legitimiert werden, den eigenen territorialen Anspruch zu verteidigen, sondern sie zu leben, weltweit. Es geht um eine globale Kultivierung von Werten. Ob diese europäisch sind oder nicht, ist unwichtig. Wichtiger ist die Etablierung von global geltenden Werten. Werte, die alle Menschen die gleichen Chancen und Rechte geben und damit die Menschheit insgesamt auf eine nächste Stufe bringen. Ich spreche von einer internationalen Grundhaltung, andere nennen es «One Planet Lifestyle». 

Dazu gehört auch endlich die Akzeptanz, dass wir nur innerhalb der planetaren Grenzen Wirtschaft und Politik betreiben können. Anders geht es nicht. Dazu gehört die Einsicht, dass ärmere Staaten nicht per se selber Schuld sind an ihrer Situatio sind, sondern dass es vor allem damit zusammenhängt, dass der reiche Norden Probleme, Umweltbelastungen und soziale Ausbeutung seit Jahrhunderten in diese Länder exportiert hat. Stichwort Externalisierung. 

Eine weitere Einsicht, bzw. Akzeptanz muss sein, sich endlich von dem arroganten Gedanken zu verabschieden, dass ärmere Länder sich einfach etwas mehr anstrengen müssten, um ebenfalls unseren nördlichen/westlichen Lifestyle und Konsum-Level erreichen zu können und dann alles gut wird. Nein, es ist genau umgekehrt. Damit ein Leben für alle Menschen auf dem Planeten möglich wird, müssen wir unseren nördlichen/westlichen Lifestyle zunächst mal stark reduzieren und gleichzeitig den Menschen in ärmeren Ländern die Chance geben, sich unserem reduzierten Lebensstil angleichen zu können.   

Würde Europa es schaffen, diese globale Verantwortung zu übernehmen, könnte tatsächlich wieder von Werten gesprochen werden. Werte, für die es sich wirklich lohnt, sie zu verteidigen.

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