Warum «Future Literacy» wichtig ist, um die globalen Probleme zu lösen

Die globalen Herausforderungen sind gross bei einer Weltbevölkerung von aktuell 7.8 Milliarden Menschen. Alleine im Grossraum Tokyo leben rund 37 Millionen Menschen. Bild: phb
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Die Welt steht an einem Wendepunkt: Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft müssen sofort auf die drei grössten Herausforderungen der Gegenwart fokussieren. Dazu zählen die Klimakrise, Umbau des Kapitalismus, sowie soziale Herausforderungen. Für einen effektiven Wandel braucht es eine neue Sprache. Eine Future Literacy.

Klimakrise, Wirtschaftskrise, Coronakrise, Armutskrise und immer so weiter. Krisen, Krisen, Krisen. Die Welt ist einer Dauerkrise. Alle Krisen zusammen vedichten sich zunehmend zu einer Hyperkrise. Um diese Hyperkrise abzuwenden, brauchen wir einen Reset, einen Neustart der Gesellschaft. Ökologisch, wirtschaftlich und sozial.

Unsere Welt steht vor den folgenen drei Hauptherausforderungen.

  • Bewältigung der ökologischen Krise, der Klimaerwärmung
  • Bewältigung der ökomomischen Krise, Umbau des Kapitalismus und Verringerung der Ungleichheit
  • Bewältigung der sozialen Herausforderungen wie Armut, Hunger und Demokratieverlust.
  • Dafür braucht es ein Verständnis für eine neue Sprache, weil die globalen Probleme eben auch eine kommunikative Herausforderung bedeuten.

Bewältigung der ökologischen Krise

Bei der Klimakatastrophe verhält sich die Menschheit derzeit ausserst selbstzerstörerisch und irrational. Es ist so, als ob wir zwar wissen, dass es in der Küche brennt, wir aber trotzdem noch ruhig auf dem Sofa vor dem Fernseher sitzen und zuerst die Nachrichten schauen, um uns zu vergewissern, dass die Welt zwar weit weg von uns brennt aber doch irgendiwe «in Ordnung» scheint, bevor wir damit beginnen, uns um das Feuer in der Küche zu kümmern.

Um die Dringlichkeit zu verstehen, müssen wir endlich begreifen, dass das irreversible Ökosystem der Erde nicht ein «externer» Teil von uns selbst ist, der beliebig oft wie ein Massenprodukt in einer Fabrik reproduziert werden kann, sondern, dass wir Menschen Teil dieses Systems sind. Ohne ein funktionierendes Ökosystem ist auch unser soziales System auf die Dauer nicht überlebensfähig.

Solange Ökosysteme als ökonomische Ressourcen verstanden werden, mit denen Wachstum generiert wird, findet aber kein ernsthaftes Umdenken und Handeln in Richtung einer nachhaltigen Gesellschaft statt.

Wir müssen die Klimakrise als grundlegende Menschheitskrise, als anthropogene Krise, verstehen. Solange Flugesellschaften Staatshilfen erhalten und die Autoindustrie mit Abwackprämien gestützt wird, hat sich dieses Umdenken noch nicht durchgesetzt.

Bewältigung der ökonomischen Krise

Die zweite Herausforderung betrifft den Umbau des Finanzsystems und eine gerechtere Verteilung der Vemögen. Eine kleine Minderheit von Menschen wird immer reicher und reicher und auf der anderen Seite rutschen immer mehr Menschen in die Armut. Leute wie Jeff Bezos von Amazon hat die Coronakrise sogar noch reicher gemacht, während wir in den vergangenen Wochen Bilder gesehen haben von Menschen, die sogar in der «wohlhabenden» Schweiz für Lebensmittel Schlange gestanden sind.

Die grosse Frage ist: Wie können wir unsere Wirtschaft und unser Gemeinwesen – die Commons – so umgestalten, dass wir die ökologischen Grenzen des Planeten respektieren und sie soweit schonend nutzen, dass auch künftige Generationen daran teilhaben können?

Dazu gehört nicht nur eine höhere Besteuerung auf Vermögen, sondern auch ein Umdenken über Reichtum und Besitz. Die Menschen müssen sich klar darüber werden, dass Reichtum nicht das Erstrebenswerteste im Leben ist. Dafür müssen wir in neuen Kategorien denken und Grenzen neu definieren.

Wenn einzelne Menschen mehr beitzen als ganze Volkswirtschaften, stimmt etwas nicht mehr. Rund 135 der insgesamt 191 Staatem haben jeweils ein kleineres BIP als das Vermögen von Bezos. Und der strebt nach mehr. Bereits in der Mitte des neuen Jahrzehnts dürfte sein Vermögen auf eine Billion, tausend Milliarden, steigen. Laut Forbes gibt es derzeit rund 2’100 Milliardäre auf der Welt, die zusammen umgerechnet etwa acht Billionen Franken besitzen.

Um von dieser auf Reichtum und Vermögen fixierten Weltsicht wegzukommen, müssen wir lernen, dass soziale Bindungen, Verantwortung und Gemeinschaft wichtiger sind als Derivaten- und Aktienmärkte mit ihren astronomischen Gewinnen. Wir müssen umdenken und uns bewusst werden, dass Erfolg nicht nur in Zahlen messbar ist, sondern sich in der sozialen Leistung für möglichst viele Menschen spiegelt.

Diese zweite Krise ist nicht weniger dringend als die Bewältigung der ökologischen ersten Krise, weil gerade die Ökonomie einer der Haupttreiber der Klimakrise ist.

Bewältigung der sozialen Krise

Die dritte Herausforderung ist die soziale Krise. Neben der oben erwähnten Ungleichheit von Vermögen, besteht vorallem in der Schaffung von gleichen Rechten und Mitbestimmungsmöglichkeiten der grösste Handlunsgbedarf.

Es ist ein Armutszeugnis, dass im Jahr 2020 Hunderttausende Menschen auf die Strassen gehen müssen, um gegen Rassismus zu kämpfen. Wären wir Menschen im Denken genauso fortschrittlich wie es unsere Technologien sind, wäre Rassismus wahrscheinlich bereits im 20. Jahrhundert beendet worden. Die Realität ist eine andere.

Die soziale Herausforderung ist es, allen Menschen demokratische Partizipation und Würde zu ermöglichen. Dazu zählt nicht nur Demokratieförderung, sondern auch ein Umdenken bei Bildung und Chancen. Wir müssen aufhören, gewisse Jobs und Branchen abzuwerten, während wir andere Bereiche, für die eine höhere Bildung nötig ist, idealisieren.

Beispielsweise hatte der breite Applaus für Menschen im Gesundheitswesen während des Coronalockdowns bisher keine finanzielle Verbesserung für diese Leute zur Folge. Auch Personalverbände und Gewerkschafen haben es bisher nicht geschafft, das Lohn-Thema ernsthaft auf die Agenda zu setzen. Die kurzfristige Solidarität für Menschen im Gesundheitswesen hat sich längstens wieder in der «Normalität» des Alltags und dem Zusatand des «Davor» verflüchtigt.

Kommunikative Herausforderung

Die Lösung der sozialen Krise mit der einhergehenden Verbesserung der Lebensqualität der Menschen ist aber noch aus einem weiteren Grund «herausfordernd». Und dieser Punkt ist zentral, um die Herausforderungen zu bewältigen.

Für einen umfassenden ökologischen, ökonomischen und sozialen Wandel braucht es nämlich auch ein Umdenken und ein «Erfinden» einer neuen Sprache für Öffentlichkeit und Medien.

Die soziale Herausforderung ist gewissermassen auch eine kommunikative Herausforderung. Wir müssen eine neue Sprache finden, wie wir die ökologischen, ökonomischen und sozialen Probleme nennen und be-nennen wollen.

Immerhin reden wir dank den Black Life Matters-Protesten nun breit über Rassismus. Die Proteste machen aber auch klar, dass es vielen Redaktionen und Menschen die beruflich mit Sprache arbeiten, oft noch immer an geeignetem Vokabular mangelt, Probleme richtig zu beschreiben.

Zu oft wird bei rassistischen Attentaten und Verbrechen noch immer von «Ausländerfeindlichkeit» gesprochen oder es werden bedenkenlos und unbewusst Sprachbilder und Begriffe verwendet, die historisch belastet oder menschenverachtend sind.

Damit Veränderung in allen drei beschriebenen Hauptbereichen gelingen kann – und das möglichst rasch – brauchen wir ein Verständnis einer neuen Sprache. Die Wissenschaft nennt es auch transformative Literacy, oder Future Literacy.

Literacy meint die Fähigkeit, Informationen über gesellschaftliche Veränderungsprozesse zu verstehen und gleichzeitig das eigene Handeln in diese Prozesse einzubringen. Diese Veränderung im Denken setzt voraus zu begreifen, dass alle Menschen im «selben Boot» sitzen und leztendlich mit den gleichen ökologischen, ökonomischen und sozialen Problemen konfrontiert sind.

Literacy ist also nicht nur ein Instrument, die Welt des 21. Jahrhunderts zu beschreiben und zu verstehen, sie ist auch eine der Kernkompetenzen der Zukunft für den Umgang der Menschen untereinander.

Das Aneignen und Vermitteln dieser Literacy ist Aufgabe von Journalismus, Schule und Öffentlichkeit. Solange wir die grossen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts noch mit den Begriffen des 20. Jahrhunderts beschreiben, kommen wir nicht weiter. Es wird Zeit, umzudenken.

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