Geoengineering: Technologie löst keine ökologischen Probleme

Mit Technologien das Klima retten? Effektiver ist es, einen globalen Mindshift zu vollziehen. Hin zu nachhaltigerem Denken und einer CO2-neutralen Gesellschaft. Bild: phb
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Das Versprechen, durch Technologie oder Geoengineering soziale und ökologische Probleme zu lösen, ist unsinn. Es bringt uns in eine passive Haltung, bei der wir entspannt zurücklehnen und das Klimaproblem Unternehmen und ihren angeblichen Innovationen überlassen. Das ist gefährlich. Wir brauchen keine technologische Wende, um das Klimaproblem zu lösen, sondern eine soziale Wende.Philipp Bürkler

Es wäre ja toll, wenn wir auf einer Maschine einen Knopf drücken könnten und alle Menschheitsprobleme wären auf einen Schlag gelöst. Klimaerwärmung, Hunger, Armut oder Wasserknappheit. Leider gibt es diese Maschine nicht, und sie wird wohl auch nie erfunden. Auch nicht im Innovations-Mekka Silicon Valley, obwohl dort der Ansatz, «Technologie löst alle Probleme», die übliche Denkweise ist.

Das Silicon Valley sowie auch die Anhänger des Transhumanismus versprechen uns eine bessere Welt mit Technologie. Sie versprechen uns, dass es für jedes komplexe gesellschaftliche Problem eine (unterkomplexe) technologische Lösung gibt. «Macht euch keine Gedanken, smarte Technologien werden die Probleme lösen.»

Der in Berlin lebende russische Forscher und Publizist Evgeny Morozov hat vor einiger Zeit dafür den Begriff «Solutionismus» geprägt. Morozov sieht in den Techno-Phantasien des Silicon Valley sogar eine «lebenserhaltende Massnahme für den heutigen Kapitalismus». Mit anderen Worten: Technologien werden letztendlich nicht erfunden, um das Leben der Menschen zu verbessern, sondern um den Kapitalismus und damit den Konsum (Smartphones etc) in Gang zu halten.

Ausserdem stellt Solutionismus unternehmerisches Handeln über politisches Handeln. Nicht der Staat oder die Bürger sollen die Probleme lösen, sondern Unternehmen mit ihren Erfindungen und Innovationen. Die Unternehmen nutzen sogar die Gelegenheit der politischen «Blockade» und Handlungsunfähigkeit von Regierungen aus.

Morozov glaubt, Unternehmen würden sich als die einzigen Akteure darstellen, die angeblich in der Lage sind, die Krise zu bewältigen. Technologie wird also als Allheilmittel verkauft, um die wachsende Besorgnis – «wir müssen jetzt handeln» – zu beruhigen.

Technikgläubigkeit oder Technophilie ist nicht nur ein Silicon Valley-Problem. So hat Bundeskanzlerin Merkel im vergangenen Herbst an der UN-Klimakonferenz in New York gesagt, dass neue Technologien zur Bewältigung der Klimakrise noch unterschätzt würden. «Ich messe Innovation und Technologie eine sehr grosse Bedeutung bei», so Merkel damals.

Solche Aussagen senden ein fatales Signal an Akteure und Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft. Die Aussage impliziert: Wir können abwarten bis eine Technologie erfunden wird, dann wird alles gut, lehnen wir uns also entspannt zurück.

Mit «Innovation» meinen Leute wie Angela Merkel vor allem Geoengineering oder Climate Engineering. Damit soll aktiv mit Hilfe von Technologie und Wissenschaft in das Klima und die Umwelt eingegriffen werden.

Einer der umstrittensten Ansätze ist die Reflexion von Sonnenlicht. Mit dieser Technik soll erreicht werden, dass die Sonneneinstrahlung auf die Erde verringert wird und als Ergebnis die Temperatur auf dem Planeten weniger stark ansteigt. In diesem Bereich gibt es mehrere Vorschläge:

Eine Idee ist es, im Weltall riesige Spiegel zu montieren, eine andere Idee, Millionen von kleinen Partikel in die Umlaufbahn der Erde zu streuen, die ebenfalls dafür sorgen würden, dass weniger Sonnenlicht die Erde erreicht. Denkbar wäre auch, das Licht auf der Erde zu reflektieren, in dem beispielsweise Hausdächer oder ganze Landstriche wie Wüsten weiss eingefärbt werden.

Weiter gibt es die Idee, mit Flugzeugen permanent Aerosole in die Atmosphäre zu sprühen, um einen Teil des einfallenden Sonnenlichts zu reflektieren. Ein anderes Konzept sieht vor, mit Schiffen über die Meere zu fahren, die jeweils Milliarden von Mikro-Wassertropfen ausstossen, die vom Meer in den Himmel gesaugt würden und reflektierende Wolken bilden.

Die Folgen und Risiken für die Umwelt solcher Technologien und die möglichen Kosten sind bisher noch nicht abschätzbar. Ausserdem ist Solar Engineering wahrscheinlich erst in einigen Jahrzehnten technisch überhaupt umsetzbar.

Ausserdem stoppen diese Massnahmen nicht den Ausstoss von CO2 in die Atmosphäre, der einer der Hauptursachen für die Klimaerwärmung ist. Und weniger Sonneneinstrahlung könnte zudem negative Auswirkungen auf die Photosynthese zur Folge haben.

Das Vertrauen auf Technologien, die angeblich die Klimaerwärmung stoppen, ist gefährlich. Wir brauchen keine technologische Wende, um das Klimaproblem zu lösen, sondern eine soziale Wende.

Dazu gehört vor allem ein «Mindshift». Also ein Umdenken und eine Veränderung unseres Verhaltens im Alltag. Nicht nur auf individueller Ebene – Müll trennen und Flaschen sammeln – sondern auf gesellschaftlicher und ökonomischer Ebene braucht es einen Mindshift. Die teilweise konzept- und willenlose Politik muss es jetzt endlich fertig bringen, den Weg ins 21. Jahrhundert zu beschreiten und die globalen Herausforderungen anzugehen. Die Coronakrise sollte als Startschuss dienen, um auf globaler Ebene politisch und wissenschaftlich effektiver zusammenzuarbeiten.

Zu den dringendsten Massnahmen gehört in erster Linie eine weltweite Dekarbonisierung – also CO2-neutrale Gesellschaft. Ein rasches Ende des Verbrennungsmotors und ein Ausstieg aus Kohlekraftwerken – und zwar weltweit. Alles andere – das Abtreten der Verantwortung auf Technologien und künstliche Intelligenzen – die teilweise noch gar nicht erfunden sind – ist verantwortungslos. Verantwortungslos uns selber und auch künftigen Generationen gegenüber.

2 Gedanken zu „Geoengineering: Technologie löst keine ökologischen Probleme“

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