Overshoot Day 2020 ist später als 2019. Dennoch ist dies keine gute Nachricht

Wir können nicht länger auf ökologischem Pump leben. Es gibt keinen Planet B. Bild: phb
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Noch immer verbrauchen wir mehr Ressourcen, als der Planet hergibt und wieder regenerieren kann. 2019 erreichten wir den Earth Overshoot Day, jenen Tag an dem die Ressourcen aufgebraucht sind, Ende Juli. In diesem Jahr etwas später, morgen am 22. August. Diese Entwicklung wäre eigentlich positiv, wenn wir sie durch freiwilliges nachhaltigeres Wirtschaften erreicht hätten und nicht durch eine unfreiwillige Krise. Der Rückgang des Ressourcenverbrauchs ist nämlich nur dank der Corona-Pandemie möglich geworden. Das ist bedenklich.

1970 hat das Global Footprint Network erstmals den Earth Overshoot Day ausgerufen. Das Netzwerk wollte die Weltbevölkerung darauf aufmerksam machen, dass die natürlichen Ressourcen endlich sind. Damals lag dieser Tag noch im Dezember. Seither hat er sich mehr und mehr nach hinten in die Jahresmitte verschoben.

Bereits 1979 lag der Tag erstmals Ende Oktober. Im Jahr 2000 bereits Ende September. Seiter hat die Verschiebung noch schneller zugenommen als zuvor. 2018 wurde erstmals der Monat Juli erreicht. Letztes Jahr lag der Earth Overshoot Day noch am 29. Juli.

Und der Earth Overshoot Day 2020? Morgen ist es soweit. Es ist ein trauriger Tag für die Erde. Ab morgen bräuchten wir eigentlich eine zweite Erde, um unseren gewohnten Konsum und die Wirtschaftsleistung aufrechtzuhalten. Ab morgen sind sämtliche Ressourcen, die wir eigentlich in einem Jahr zur Verfügung haben, aufgebraucht.

Aufgrund der Corona-Pandemie hat sich dieses Datum also nun mehr als drei Wochen nach hinten verschoben, auf den 22. August.

Das klingt auf den ersten Blick positiv. Der Grund für die «Verbesserung» liegt aber nicht darin, dass wir als globale Gesellschaft nun nachhaltiger gewirtschaftet haben oder unseren Konsum freiwillig zurückgefahren haben. Der Grund ist die Covit-19-Pandemie. Das muss uns zu Denken geben.

Gemäss den Wissenschaftlern um den Basler Mathis Wackernagel des Global Footprint Networks ist der Ressourcenverbrauch 2020 wegen des Corona-Lockdowns um 9.3 Prozent zurückgegangen im Vergleich zu 2019. Obwohl dieser Rückgang positiv für das Ökosystem der Erde ist, sind immer noch 1.6 Erde nötig, um alle unsere Bedürfnisse zu decken.

Die Schweiz hatte ihren Overshoot Day bereits am 8. Mai, Deutschland am 3. Mai. Der Resetter hat damals ausführlich berichtet. Die USA haben bereits am 14. März alle Ressourcen verbraucht. Industriestaaten in Europa und den USA verbrauchen also überdurchschnittlich viele Ressourcen im Vergleich zu allen Ländern der Erde. Trauriger Spitzenreiter ist Katar. Das arabische Land am persischen Golf verbraucht soviele Ressourcen, dass es den Overshoot Day bereits am 11. Februar erreicht hat.

Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie sprechen viele Politikerinnen und Unternehmer von einer «neuen Normalität», oder gar davon, wieder in die alte «Normalität» zurückkehren zu wollen. Genau das geht aber nicht, weil wir es uns nicht mehr leisten können, soviele Ressourcen zu verbrauchen. Wir müssen unser Verhältnis zur Umwelt überdenken und grundsätzlich – ökologisch und gesellschaftlich – umdenken.

Das Stichwort ist Nachhaltigkeit. Wie schaffen wir es, auch nach der Corona-Pandemie, den globalen Ressourcenverbrauch so aufzuteilen und zu reduzieren, dass die Ökosystem der Erde nicht kollabieren?

Das Prinzip der Nachhaltigkeit stammt aus der Waldwirtschaft des ausgehenden Mittelalters. Die Menschen damals konnten nicht einfach planlos Bäume fällen. Auch wenn die Menschen damals den Begriff der Nachhaltigkeit noch nicht kannten, mussten sie den Wald so bewirtschaften, dass der Rohstoff Holz wieder nachwachsen konnte.

Würden alle Menschen auf der Erde so leben wie in Deutschland, bräuchten wir drei Erden. Würden alle den Swiss-Lifestyle zelebrieren, wären immerhin noch 2.8 Erden nötig. Graphik: overshootday.org

Seit dem Beginn der Industrialisierung im 18. Jahrhundert, schlagen wir rücksichtslos mit der Axt nicht nur in die Wälder, sondern in das gesamte Ökosystem. Umso bedenklicher ist die Entwicklung, dass wir selbst im 21. Jahrhundert, trotz wissenschaftlichen Belegen für die Schädlichkeit unseres Tuns, noch immer so handeln, als seien Ressourcen unerschöpflich und unendlich verfügbar. Dumm nur: Wir haben keinen zweiten Planeten, keinen Planet B.

In einer Internet-Präsentation erklärte Mathis Wackernagel, wie wichtig eine Verschiebung des Tages gegen Jahresende ist und dies «mit Absicht und nicht durch eine Katastrophe» geschehen sollte. Laut Wackernagel hätte nur schon eine Halbierung der globalen Lebensmittelabfälle – von derzeit 1.3 Milliarden Tonnen jährlich – eine Verschiebung von 13 Tagen zur Folge. Auch weitere Massnahmen im Energiesektor würden den Overshoot Day nach hinten verschieben.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2007 und 2008 hatte den Earth Overshoot Day um fünf Tage nach hinten verschoben, während es jetzt mit Corona ganze 25 Tage sind. Dies macht deutlich, in welch tiefer Krise wir uns befinden. Und es macht ebenfalls deutlich: Trotz «unfreiwilligem» Rückgang der Wirtschaft aufgrund der Corona-Pandemie, dreht sich die Welt noch immer. Es geht auch mit geringerem Wachstum.

Wir könnten es uns also locker leisten, auch durch absichtliches Handeln, weniger Ressourcen zu verbrauchen und den Earth Overshoot Day wieder Richtung Dezember – oder noch besser, darüber hinaus – zu veschieben.


Wie hoch ist dein ökologischer Fussabdruck? Wieviele Erden brauchst du? Hier geht es zur Berechnung.

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