Landwirtschaft der Zukunft: Weniger Erträge, dafür ökologischer

Eine Kuh auf einer Weide im Appenzellerland verkörpert die idyllische Vorstellung von Landwirtschaft. Die Realität sieht weltweit aber oft anders aus. Foto: phb
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Das derzeitige globale Nahrungsmittelsystem ist eine der Hauptursachen der Zerstörung der Ökosysteme. Ein Übergang zur rein pflanzlichen Ernährung – zumindest mit massiv weniger Fleisch – ist gemäss einem neuen UN-Bericht unumgänglich, um den weiteren Verlust der Artenvielfalt zu stoppen. Vor allem billige Lebensmittel müssen aus den Regalen der Supermärkte verschwinden.

Veränderungen im globalen Ernährungssystem gehören nach Klimaerhitzung und dem Verlust der Artenvielfalt wahrscheinlich zu den drängendsten Herausforderungen unserer Zeit. Es ist nicht schwer zu erraten, dass die drei Bereiche zusammenhängen. Das derzeitige industrielle Ernährungs- und Foodsystem ist für etwa 30 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich.

Gemäss einem Bericht des britischen Thinktanks Chatham House im Auftrag des Uno-Umweltprogramm (Unep) gefährdet die Landwirtschaft 86 Prozent der derzeit 28.000 akut bedrohten Tierarten. Sollten immer mehr Arten verschwinden, sei dies existenzbedrohend für die Menschheit. Erst gestern berichtete der Resetter über einen wegweisenden Report des südasiatischen Wirtschaftswissenschaftlers Partha Dasgupta zum Verlust der Arten.

Eines der grössten Probleme im Ernährungsbereich sind billige Lebensmittel in unseren Supermärkten. Der Grund: Umso billiger Lebensmittel sind, desto mehr werden sie gekauft. Das hat zur Folge, dass die Anbauflächen immer grösser werden. Gleichzeitig werden dafür weitere Wälder gerodet sowie Pestizide und Düngemittel eingesetzt. Andererseits landet dadurch auch immer mehr Food im Abfall. Die Menschen kaufen weil es billig ist, da macht es auch nichts, zu viel Gekauftes wegzuwerfen. Stichwort Überflussgesellschaft.

Der Bericht sieht vor allem die Umstellung auf eine pflanzliche Ernährung als effektivste Massnahmen, um Umweltprobleme zu lösen. Rinder, Schafe und andere Schlachttiere haben nämlich die gravierendsten Auswirkungen auf den Planeten. Es gehe aber nicht darum, die Menschen zu einer verganen Ernährung zu zwingen, sondern lediglich darum, ein Bewusstsein zu entwickeln, welche Folgen unsere Ernährung für den Planeten hat, schreiben die Autor:innen im Bericht.

Weniger Erträge, dafür ökologischer und gesünder

Mehr als 80 Prozent der weltweiten Ackerfläche wird derzeit für die Aufzucht von Tieren genutzt, die anschliessend in unseren Tellern landen. Ein Grossteil der Ackerfläche für pflanzliche Produkte wiederum wird gebraucht, um damit die Tiere zu füttern. Würden wir weniger Fleisch essen, könnten die frei gewordenen Ackerflächen genutzt werden, um die kaputten Ökosysteme zu regenerieren oder ressourcenschonende Landwirtschaft zu betreiben, heisst es UN-Bericht. 

Als weitere Massnahme gegen den Verlust der Artenvielfalt schlagen die Wissenschaftler:innen vor, dass wir uns in der Landwirtschaft in Zukunft mit weniger Erträgen zufrieden geben sollen. Die Erträge aus ökologischer Landwirtschaft liegen im Durchschnitt bei etwa 75 Prozent gegenüber der konventionellen und intensiven Landwirtschaft, wie sie derzeit betrieben wird. Ein Viertel weniger Erträge würden die Ökosysteme entlasten und die Gesundheit der Menschen fördern, so die Absicht.

Eine Abkehr von billigen Lebensmitteln, weniger intensive, dafür aber ökologische Landwirtschaft mit weniger CO2-Emissionen, das klingt gut. Die Frage allerdings, wie sich ärmere Menschen teure Lebensmittel leisten können, bleibt im Bericht offen. 

Denkbar wäre beispielsweise, dass vermögende Menschen prozentual mehr für teurere Lebensmittel bezahlen und damit solidarisch ärmere Menschen in der Gesellschaft durch tiefere Preise entlasten. Die Lebensmittelindustrie ihrerseits müsste endlich anfangen, Billigprodukte aus ihrem Sortiment zu nehmen. 

Denkbar wäre auch mehr Transparenz für Kundinnen und Kunden. Welche Lebensmittel belasten die Umwelt am stärksten? In der EU wird derzeit beispielsweise eine CO2-Kennzeichnungspflicht auf Lebensmittelverpackungen diskutiert. Gleichzeitig sollten alternative Verteilsysteme und Supermärkte ausgeweitet werden, die beispielsweise abgelaufene aber noch geniessbare Lebensmittel verkaufen. Nicht nur als Möglichkeit für Menschen mit geringem Einkommen, sondern auch für all jene, die ein Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung setzen wollen.

Lebensmittelverschwendung, Ernährungssystem, pflanzliche Ernährung und industrielle Landwirtschaft sind definitiv Themen, die im eben begonnenen Jahrzehnt gesellschaftlich und politisch breit diskutiert werden müssen und bestimmt auch werden. 


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