Stadtplanung: Paris streicht 70’000 Parkplätze

Parkverbot in Paris. In den kommenden Jahren sollen 70'000 Parkplätze verschwinden, das sind etwa soviele wie die Gesamtzahl Parkplätze in der Schweizer Kleinstadt St. Gallen. Foto: Thor, Wikimedia.
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Unsere Städte müssen sich ändern. Weniger Autos, mehr Grünflächen. Die Coronakrise könnte die Entwicklung beschleunigen. Mit guten Beispielen voran geht die französische Hauptstadt Paris. Die Stadtpräsidentin streicht in den kommenden Jahren Zehntausende Parkplätze. Das Pariser Modell könnte die Stadtentwicklung auch in anderen Städten für die kommenden Jahre prägen. Mehr Grün, weniger Beton.

70’000 Parkplätze sollen in Paris in den kommenden sechs Jahren aus dem Stadtbild verschwinden. Das hat kürzlich die Pariser Stadtpräsidentin Anne Hidalgo angekündigt. Ihr Ziel ist eine 15-Minuten-Stadt. Also eine Stadt, in der Arbeit, Wohnen, Einkaufen Spitäler sowie Schulen und Universitäten in maximal 15 Minuten erreichbar sein sollen. Am besten mit dem Velo oder öffentlichen Verkehrsmitteln. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen Parkplätze gestrichen und stattdessen mehr Grünflächen und Radwege gebaut werden.

Ausgebaut werden soll in Paris aber auch der öffentliche Verkehr. Bisher mussten Reisende stets mit der Metro ins Zentrum von Paris fahren, um in eines der Banlieues zu gelangen. Künftig sollen Metro und S-Bahnen vermehrt auch direkt in die Vorstädte fahren.

Damit nicht genug: Ab 2021 soll es flächendeckend auf dem Stadtgebiet ein Tempolimit von 30 km/h gelten (auch niederländische Städte planen bereits in diese Richtung) und mehrmals im Jahr soll es zusätzlich autofreie Sonntage geben. Wie wäre es eigentlicb mit einer Initiative in der Schweiz, die innerorts eine generelle Reduktion von 50 km/h auf 30 km/h fordern würde?

Initiativen wie jene in Paris machen Hoffnung, dass sich in den kommenden Jahren beim Städtebau etwas verändert. Anne Hidalgo zeigt, dass das Zeitalter des Automobils zu einem Ende kommt. So werden in Paris beispielsweise jetzt schon Fahrbahnen zweigeteilt. Nur noch eine Fahrbahn für Autos, die zweite für Radfahrer und/oder Busse. Das hat zur Folge, dass die Busse bedeutend schneller unterwegs sind als Autos, die oft im stau stehen. Sobald die Menschen einsehen, dass sie mit dem Bus oder dem Rad schneller vorwärts kommen, entscheiden sie sich gegen das Auto.

Nicht nur Paris, sämtliche europäischen Städte müssen sich jetzt die Frage stellen, welches Verkehrskonzept sie in den nächten Jahren verfolgen wollen. Weiterhin stinkende Autos und verstopfte Strassen, oder mehr Platz für Fussgänger und Radfahrer bei gleichzeitig besserer Luftqualität? Die Entscheidung dürfte eigentlich nicht schwer fallen.

Das Problem sind eher die vorhandenen Stadtstrukturen. Unsere Städte wurden seit den 1950er/1960er-Jahren auf das Automobil ausgerichtet und die gesamte Struktur buchstäblich in Beton gegossen. Es sind in den kommenden Jahren also städtebauliche Ideen gefragt, die die bestehende Strukturen soweit verändern können, dass dennoch eine grünere Stadt entstehen kann. Ein schönes Beispiel in diese Richtung zeigt die niederländische Stadt Utrecht, wo kürzlich eine ehemalige Autobahn in einen Kanal umgewandelt wurde.

Die auf das Auto ausgerichteten Infrastrukturen haben die Städte in den vergangenen Jahren regelrecht separiert. Gearbeitet wird im Zentrum, gewohnt mehrheitlich an den Rändern oder in weiteren Stadtteilen. Auch diese Entwicklung könnte (oder besser müsste) sich schon bald ändern. Bisher wurden Innenstädte hauptsächlich als Shopping-Meilen genutzt. Nach Ladenschluss ist es meistens unbelebt. Wenn Städte in ihren Entwicklungkonzepten künftig auch Kunst und Kultur miteinbeziehen, können solche Stadtteile wiederbelebt werden.

Gleichzeitig müssen Städte erkennen, dass sie längerfristig an Attraktivität einbüssen, wenn sie die Stadtplanung Investorten überlassen. Investoren sind nur am Profit pro Quadtratmeter interessiert, nicht aber an einer Revitalisierung des gesamten Quartiers.

Nur wenn Städte wieder für die Menschen gebaut und gestaltet werden, fühlen sich die Menschen auf den Strassen und in den Quartieren auch «zuhause». Der öffentliche Raum soll im Prinzip eine Erweiterung der eigenen Wohnung sein. Die Realität er vergangenen Jahrzehnte sieht freilich anders aus. Der öffentliche Raum wird mehrheitlich als Abstellplatz für Autos genutzt. Das muss sich ändern.

Beispiele aus Paris, Utrecht und anderen Städten zeigen, dass ein Wandel hin zu einer nachhaltigen Stadt im 21. Jahrhundert keine Utopien mehr sind, sondern schon bald Realität sein könnten. Paris rechnet mit einem Zeithorizont bis 2030 bis das Konzept «Grand Paris» abgeschlossen ist.

Jede Initiative und Idee, die eine Stadt mit weniger/ohne Autos und mehr Grünflächen und Freiräumen für Fussgänger und Radfahrer vorsieht, ist zu unterstützen. Stadtplanung darf nicht mehr die selben Fehler machen, wie sie in den vergangenen 60 Jahren begangen wurden. Die Vorstellung der Stadt der Zukunft beginnt jetzt. Oder anders: Bäume statt Beton.

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