Mailand entwickelt sich zur Fahrradmetropole

Das Wahrzeichen der Stadt: Der Mailänder Dom ist ebenfalls gut mit dem Fahrrad erreichbar. Bild: phb
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Die italienische Metropole Mailand verfolgt eines der ambitioniertesten und progressivsten Stadtplanungsprojekte in Europa. Bereits seit 2018 wird die Stadt für den Rad- und Fussverkehr für die Bewohner und Touristen angenehmemer und lebenswerter gestaltet. Durch Covid-19 haben sich die Pläne sogar noch beschleunigt. Bis Ende Sommer will die Stadt mindestens 35 Kilometer neue Radwege bauen. Ich habe mir das in den vergangenen Tagen mal angesehen.

Im Gegensatz zu Berlin gibt es in Mailand bereits jetzt sehr viele Radwege. Die meisten davon sogar abgetrennt von den Autofahrbahnen. Ich habe mich in einer Stadt noch selten so sicher gefühlt mit dem Rad wie in Mailand. Punkto Radwege scheint mir Mailand sehr weit fortgeschritten zu sein.

Sellbst auf Strassen ohne markierte Radwege, hat es genug Platz, um mit dem Velo zu fahren, weil die Strassen sehr breit gebaut sind. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass wegen der Covid-19-Pandemie zurzeit noch immer wesentlich weniger Autos auf den Strassen Mailands unterwegs sind.

Die Stadtregierung von Mailand hat kürzlich angekündigt, im Rahmen des Programms «Strade Aperte» – einer Open Road-Initiative – bis Ende Sommer zusätzliche 35 Kilometer Strassen für Radfahrer umzugestalten. Damit verfolgt Mailand eines der progessivsten und ambitioniertesten Projekte für die Umgestaltung der Stadt. Die Idee: weniger motorisierter Verkehr, mehr Langsamverkehr.

Einer der vielen Radwege in Mailand. Die Trennung vom motorisierten Verkehr erzeugt nicht nur ein Gefühl der Sicherheit, sondern lässt einen auch schneller mit dem Rad durch die Stadt fahren. Bild: phb

Mit den neuen Radwegen soll den Menschen nicht nur mehr Abstand aufgrund von Covid-19 ermöglicht werden, sondern mittel- und längerfristig auch der Luftverschmutzung und dem Smog entgegengewirkt werden.

Während des Lockdowns ist der Stau in Mailand um ganze 75 Prozent zurückgegangen, wie es im Bericht «Strategie Mailand 2020» heisst. Die Stadtbehörden nutzen deshalb die Zeit mit geringerem Verkehrsaufkommen während der Sommermonate, um neue Radwege zu installieren.

Das Kalkül dahinter: Während der Gesundheitskrise Covid-19 stossen neue Radweg-Projekte bei der autofahrenden Bevölkerung auf weniger Widerstand, weil sie den Sinn von gesundheitspolitischen Massnahmen jetzt besser verstehen.

Mailand hat aber nicht erst seit Ausbruch der Covid-19-Pamdemie mit der Umgestaltung von Strassenräumen und öffentlichen Plätzen begonnen. Bereits seit 2018 werden regelmässig Plätze und Strassen umfunktioniert. Ein schönes Beispiel ist die bunte städtebauliche Intervention im Quartier Nolo an der Strassenkreuzung Via Spoleto und Via Venini, wo der Vekehr ganz den Radfahrern und Fussgängern überlassen wurde.

Städtebauliche Intervention: Vorher und nachher. Nolo in der Strassenkreuzung Via Spoleto und ViaVenini. Bild: comune.milano.it

Bürgerbeteiligung bei Verkehrsprojekten als zukunftsweisend

Interessant ist auch, dass Mailand bei der Umgestaltung der Stadt Bürgerbeteiligung zulässt. Ende 2019 gingen beispielsweise 65 Vorschläge von Bürgerinnen und Bürgern bei den Stadtbehörden ein für Umgestaltungen des öffentlichen Raums. Die Ideen werden derzeit auf ihre Realisierung geprüft.

Bürgerbeteiligung scheint mir zentral bei der Gestaltung von Innenstädten der Zukunft. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Städte oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit von Stadtplaner:innen konzipiert, die sich vorwiegend an den Bedürfnissen des motorisierten Individualverkehrs und den Bauplänen von Investoren orientierten. Diese Strategie hat im 21. Jahrhundert keine Zukunft mehr.

Mailand geht da definitiv mit gutem Beispiel voran. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich das Projekt «Strade Aperte» in den kommenden Monaten enwickeln wird. Ich werde in den kommenden Wochen bestimmt nochmals nach Mailand reisen und mich dann auch mit Stadtplaner:innen und Behördenvertretern treffen, die mir das Konzept noch etwas näher erklären können.

Mailand entwickelt sich definitiv zu einer Fahrradstadt. Das habe ich auch bemerkt, nachdem mir am späten Nachmittag ein Reifen an meinem Rad geplatzt war. Während ich auf Google Maps nach einem Bike Shop gesucht habe, kam ein Radfahrer auf mich zu.

In der Hand hielt er einen Schlauch. «Du brauchst einen 28-Zoll-Schlauch, ich schenke ihn dir», sagte er zu mir. Wie sich herausstellte, waren wir beiden schon an einem Critical Mass-Event. Er in Mailand, ich in Berlin. Das nächste mal bin ich auch in Mailand dabei.

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